# taz.de -- Baseball-Hoffnung Kepler-Rozycki: Das teuerste Talent Europas | |
> Den Minnesota Twins war die erst 16-jährige, deutsche Baseball-Hoffnung | |
> Maximilian Kepler-Rozycki sage und schreibe 800.000 Dollar wert. Warum | |
> bloß? | |
Bild: Der Nowitzki des Baseball? Maximilian Kepler-Rozycki. | |
MÜNCHEN taz | Das mit den Groupies ging schon ganz schnell. Maximilian | |
Kepler-Rozycki ist 16 Jahre alt, 1,94 Meter groß und für Mädchen auch dann | |
schon ein Blickfang, wenn er nicht von mehreren Fotografen und TV-Kameras | |
umringt ist. Auf jeden Fall stehen schon bald sechs Teenagerinnen hinter | |
den Journalisten und schießen selbst Fotos mit ihren Handys. | |
Fast könnte man denken, der TSV 1860 München stellt am Münchner Odeonsplatz | |
einen neuen Spieler vor. Kepler-Rozycki trägt nämlich ein hellblaues | |
T-Shirt. Und was den Rummel um seine Person angeht, so etwas kennt man hier | |
eigentlich nur vom Fußball. Doch er ist ein Baseballspieler, und seit | |
vergangener Woche der teuerste Europas. Kepler-Rozycki wird im kommenden | |
Jahr zum US-Profiklub Minnesota Twins wechseln, für ein Handgeld von | |
800.000 Dollar. "Das ist natürlich eine Riesensache, aber ich habe auch | |
hart dafür trainiert", sagt er. An den Rummel muss er sich aber erst noch | |
gewöhnen. Er ist müde und hat Jetlag, alle Fragen beantwortet er sehr | |
knapp. | |
Es ist eigentlich nichts Besonderes, dass ein Deutscher nach Amerika | |
wechselt, in den vergangenen Jahren gab es Dutzende. Doch die Geschichte | |
des Outfielders von den Regensburg Legionären lässt dann doch aufhorchen. | |
Nicht nur, weil er so viel Geld bekommt. Kepler-Rozycki hat in der ersten | |
Mannschaft des amtierenden Deutschen Meisters erst acht Einsätze in der | |
laufenden Saison gehabt, und er spielt lediglich für die | |
Junioren-Nationalmannschaft, die in drei Wochen die Europameisterschaft | |
bestreitet. Bei der WM der Männer im September, bei der Deutschland unter | |
anderem auf die USA trifft, ist er nicht dabei. | |
Er hat also noch nicht einmal in Deutschland seine Karriere ausgereizt, da | |
wird er schon weggekauft. Seit dem Saisonstart im April sahen jede Woche | |
mehrere Scouts von Klubs der Major League Baseball (MLB) bei seinen Spielen | |
für die erste und sogar die zweite Mannschaft zu. "Das hat am Anfang schon | |
ein bisschen genervt, und ich habe dann auch ein paar Fehler gemacht." | |
Offenbar nicht allzu viele: Zwölf Vereine wollten ihn haben, und das hat | |
seinen Preis natürlich auch in die Höhe getrieben. Die Twins bekamen den | |
Zuschlag. Der Trainer des Leistungsstützpunktes in Regensburg, Martin | |
Brunner, gibt nun den siebten Spieler in die USA ab und den dritten an die | |
Twins, deren Scouting-Abteilung in Deutschland besonders intensiv arbeitet. | |
Doch Kepler-Rozycki ist viel jünger als seine Vorgänger. Es ist sein großer | |
Vorteil, dass er schon mit sechs Jahren an der Berliner | |
John-F.-Kennedy-Schule, wo Baseball Schulfach ist, mit dem Sport anfang. | |
Und es zeigt, was für deutsche Talente mittlerweile möglich ist, wenn sie | |
nicht erst mit zwölf Jahren beginnen, wie der Durchschnitt. | |
Doch was rechtfertigt die Summe von 800.000 Dollar für ein deutsches | |
Talent? Stehen Baseballspieler nicht die meiste Zeit sowieso einfach nur | |
auf dem Feld herum? Martin Brunner kennt die Vorurteile natürlich, und | |
einem Laien erklärt er das gerne so: "Der Bewegungsradius eines | |
Baseballspielers ist sehr klein. Wer aber auf diesem kleinen Radius besser | |
koordiniert ist als die meisten anderen in der Welt, ist schon was | |
Besonderes." Und in Sachen Koordination sei Kepler schlicht "Wahnsinn", vor | |
allem, wenn man sein Alter bedenke. "Er spielt in komplizierten Situationen | |
so aufwandslos, weil er neue Bewegungsabläufe wahnsinnig schnell lernt. Wo | |
andere schwitzen, da gleitet er." | |
Amerikanische Scouts achten vor allem auf fünf Fähigkeiten, die sogenannten | |
Tools: Wie schnell kann ein Spieler laufen, wie hart und wie oft trifft er | |
am Schlag den Ball, wie kräftig und wie zielgenau kann er werfen. Bei den | |
meisten Spielern sind einige dieser Tools unterentwickelt. Max | |
Kepler-Rozycki aber ist schon jetzt ist ein "5-tool-player" ohne Schwächen. | |
Wäre er Pitcher, dann würde sein Fastball, sein härtester Wurf, 85 Meilen | |
pro Stunde erreichen, sagt sein Trainer. Und den 60-Yard-Sprint, der bei | |
sogenannten Tryouts immer zum Programm gehört, läuft er in 6,6 Sekunden. | |
Damit liegt er drei Zehntel unter dem Durchschnitt amerikanischer | |
Profispieler. | |
Doch bei allem Talent: Bis Kepler-Rozycki tatsächlich für die erste | |
Mannschaft der Twins spielen kann, wird es mindestens vier Jahre dauern. | |
Vor ihm liegen intensive Trainingscamps in Florida und dann die Ochsentour | |
durch die verschiedenen Farm-Teams, in denen die Twins Dutzende von | |
Talenten ausbilden und die in wenig glamourösen "Minor Leagues" spielen, | |
von denen es fast so viele gibt wie niedrigklassige Ligen im deutschen | |
Fußball. In die großen Stadien der eigentlichen MLB hat es bisher noch kein | |
Deutscher geschafft. | |
Ob Maximilian Kepler-Rozycki nun ein Dirk Nowitzki des Baseball wird und so | |
die Sportart in Deutschland tatsächlich beliebter macht, wird sich erst in | |
Jahren zeigen. Doch der 800.000-Dollar-Deal ist ein erster Schritt in diese | |
Richtung. Und dieser wurde zufällig genau dann getätigt, wenn die WM in | |
Deutschland stattfindet. Beliebter als in diesem Jahr wird Baseball erst | |
einmal nicht werden. | |
17 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Christoph Leischwitz | |
## TAGS | |
American Pie | |
Baseball | |
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