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# taz.de -- Turbojugendtage: Im Zeichen der Jeansjacke
> Heute und morgen trifft sich in Hamburg die Turbojugend, die aus Fans der
> aufgelösten Punkrockband Turbonegro besteht. Ihre Schaltzentrale sitzt
> auf St. Pauli.
Bild: Turbojugendliche in der Hamburger Kneipenzentrale der Bewegung.
Das Licht ist schummrig in Freds Schlemmereck, serviert wird Astraknolle
mit Jägermeister. Doch das Schlemmereck ist nicht einfach irgendeine
Spelunke auf St. Pauli. Es ist das Zentrum einer globalen Subkultur, die
sich hier einmal im Jahr trifft. Ihre Mitglieder sieht man im Fernsehen,
auf Konzerten oder auch einfach auf der Straße. Zu erkennen sind sie an
ihrem Dress: blaue Jeansjacke mit Turbojugend-Aufdruck auf dem Rücken.
Alles begann im Clubhaus des FC St. Pauli, vor einem Gig der norwegischen
Punkrockband Turbonegro. Kurz vor dem Konzert tauchte Bela B. von den
Ärzten auf, selbst bekennender Turbonegro-Fan. Im Gepäck hatte er 30
Aufnäher mit den Schriftzügen "Turbojugend St.Pauli" und "Turbojugend
Kreuzberg", die er an die Fangemeinde verteilte. Später wurden die Banner
an Jeansjacken befestigt, die ein Modelabel dem Fanklub überlassen hatte.
"Es fällt auf, wenn irgendwo zehn, fünfzehn Leute auftauchen, die alle
dieselbe Jeansjacke mit dem Aufdruck Turbojugend St.Pauli tragen", sagt
Jürgen Goldschmitt. Er sitzt an der Bar in Freds Schlemmereck. Die Band
hatte ihm erlaubt, zusammen mit einigen Freunden von hier aus den
Turbojugend-Fanklub zu organisieren.
Als sich die Band auflöste, wurde Goldschmitt vom Präsidenten des Fanklubs
Turbojugend zu "El Presidente", dem Präsidenten der Bewegung. Auch die
anderen Mitglieder dachten sich Titel aus, Propagandaminister etwa,
Pornominister oder First Lady. Prominente Mitglieder wie Ville Valo von HIM
oder MTVs Jackass Star Bam Margera machten die Vereinigung über St.Pauli
hinaus bekannt. Bald kamen Anfragen aus der ganzen Welt. "Alle wollten eine
der begehrten Kutten, eine Jeansjacke mit dem Turbojugend St.Pauli
Aufdruck, haben", berichtet El Presidente.
Im Schlemmereck entschied man, mit den Jacken in Massenproduktion zu gehen.
Es sollte aber nicht auf jeder Kutte Turbojugend St.Pauli zu lesen sein,
sondern immer der Name der jeweiligen Ortsvereinigung, also: Turbojugend
Los Angeles, Turbojugend Helsinki oder Turbojugend Tokio. Vor allem in den
USA und Japan ist die Bewegung heute stark - wohl auch wegen der
Nazisymbolik, mit der die Turbojugend hin und wieder kokettiert.
Die Pervertierung des Deutschtums dient ähnlich wie bei Ramstein als
öffentlichkeitswirksames Element im Ausland. "Aber rechtes Gedankengut wird
bei uns nicht toleriert", sagt El Presidente nachdrücklich. "Turbojugend
has nothing, but absolutely nothing to do with any Nazi Scheiße", heißt es
dazu auch auf der Homepage. Die Mitglieder der Turbojugend rekrutieren sich
hauptsächlich aus der linken Punkrock und Rockabilly Szene.
Die wohl wichtigste Regel, an die sich die Turbojugendmitglieder zu halten
haben, ist das Kuttenwaschverbot: Die Kutte darf nie gewaschen werden,
außer wenn sie mit Erbrochenem in Berührung kommt. Die Vorschriften, die
von El Presidente persönlich bestimmt werden, dienen dem Zusammenhalt -
häufig aber auch einfach nur der Belustigung. "Turbojugend", sagt El
Presidente, "bedeutet für mich vor allem organisierter Spaß".
Fünfte Weltturbojugendtage,Freitag und Samstag in Hamburg. Anlaufstellen:
Knust an der Feldstraßeund Freds Schlemmereck auf dem Hamburger Berg
16 Jul 2009
## AUTOREN
Johann Tischewski
## TAGS
Szene
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