# taz.de -- Offener Brief von Bürgerrechtlern: Google Books spitzelt User aus | |
> Wer im ständig wachsenden Buchangebot der großen Suchmaschine schmökert, | |
> sollte sich bewusst sein, dass Google das Nutzerverhalten bis ins Detail | |
> mitspeichern kann. | |
Bild: Der Feind liest mit: Bei Google Books. | |
Wenn in den letzten Monaten über die Google-Buchsuche berichtet wurde, ging | |
es vor allem um Urheberrechtsquerelen: Darf der Internet-Konzern ohne | |
vorheriges Einverständnis Werke digitaliseren, vergütet er Autoren und | |
Verlage ausreichend - oder enteignet er sie gar? Kaum ins Gerede geriet | |
Google Books dagegen in einem anderen Bereich: Dem Schutz der Privatsphäre. | |
Dabei gibt man beim Schmökern in dem ständig wachsenden Angebot offenbar | |
einen Großteil davon auf: Wie die US-Bürgerrechtsorganisationen Electronic | |
Frontier Foundation (EFF) und American Civil Liberties Union (ACLU) Ende | |
vergangener Woche in einem offenen Brief an Google-Chef Eric Schmidt | |
öffentlich machten, speichert der Konzern viel mehr, als er müsste. | |
Laut EFF und ACLU werde nach dem aktuellen Design aufgezeichnet, nach | |
welchen Büchern gesucht und welche gelesen werden, sowie welche Anmerkungen | |
sie zu diesen eintippten. Dies entspreche in der realen Welt einer Person, | |
die dem Leser stets über die Schulter schaue. Da Google Millionen von | |
Büchern in seine digitale Bibliothek aufnehmen wolle, sei davon auszugehen, | |
dass sich auch bald staatliche Stellen für die Nutzung des Dienstes | |
interessierten, wie man dies bereits von Bibliotheken oder Buchhändlern | |
offline kenne. "Aus diesem Grund ist es unentbehrlich, dass Google Books | |
sowohl einen starken Schutz der Privatsphäre in seine Architektur übernimmt | |
und eine ebensolche Datenschutzpolitik betreibt." | |
EFF und ACLU forderten Schmidt deshalb auf, seinen Nutzern zu versprechen, | |
dass Daten über gelesene Bücher keineswegs Dritten übergeben würden. | |
Außerdem dürfe die aktuell verfügbare Tracking-Funktion nicht behalten | |
werden, da Leser so nicht vollständig anonym in dem Angebot stöbern | |
dürften, wie man dies von Bibliotheken oder Buchläden kenne. Eine | |
Registrierungpflicht oder ein Zwang, persönliche Informationen an Google zu | |
übergeben, sei abzulehnen. Zudem dürfe Google Logdateien nicht länger als | |
30 Tage speichern. | |
Kritik äußerten die Bürgerrechtler außerdem an fehlenden | |
Kontrollmöglichkeiten, was die Verwendung von Einkaufsdaten betrifft. Von | |
Google Books aus ist es häufig möglich, ein Werk bei einem | |
E-Commerce-Anbieter wie Amazon zu erwerben. Diese Vorgänge müssten auch | |
ohne ein Tracking möglich sein, so EFF und ACLU. | |
Ebenso unschön sei es, dass viele Nutzer gar nicht wüssten, welche Daten | |
bei Google Books von ihnen gesammelt und gespeichert würden und warum dies | |
geschehe. "Google muss deshalb eine robuste, durchsetzbare | |
Datenschutzpolitik entwickeln und jedes Jahr bekannt geben, wie oft | |
Leserinformationen angefordert wurden und welche das waren." | |
Google reagierte bereits auf den offenen Brief der Bürgerrechtler in seinem | |
Politik-Weblog. Darin nimmt der technische Direktor für das Google | |
Books-Projekt, Dan Clancy, zu den Vorwürfen Stellung. Als Begründung für | |
die noch fehlenden Datenschutzmaßnahmen gab er an, dass aktuell das | |
Verfahren um die Entlohnung der Verlage und Autoren, das so genannte | |
Settlement Agreement, zunächst vom Gericht abgesegnet werden müsse. | |
"Das bedeutet, dass es sehr schwierig oder sogar unmöglich ist, jetzt schon | |
eine detaillierte Datenschutzpolitik zu entwerfen." Google wisse aber | |
bereits, dass das Endprodukt entsprechende Maßnahmen bereithalten werde - | |
etwa die Möglichkeit, Informationen zu löschen oder auszuwählen, welche | |
Daten mit anderen geteilt würden. "Wir wissen aber noch nicht genau, wie | |
das alles laufen wird." Man werde sich beim Schutz der Privatsphäre der | |
Leser aber daran orientieren, was seit langer Zeit bei Buchhändlern und | |
Bibliotheken Standard sei. | |
Clancy betonte, dass schon jetzt starke Datenschutzregelungen für Google | |
Books und Google an sich gelten würden. Tatsache ist allerdings, dass diese | |
das besonders sensible Google Books nach erster Durchsicht nicht enthält. | |
Google streitet sich zudem mit Datenschützern gerne um den Begriff der | |
persönlichen Daten. Während der Konzern meint, dass IP-Adressen, die sich | |
etwa bei polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen über den Provider wieder zu | |
Nutzernamen machen lassen, nicht in den besonders geschützten Bereich | |
gehören, sieht man das etwa beim deutschen Bundesdatenschutzbeauftragten | |
ganz anders. | |
27 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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