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# taz.de -- Russisches Erdgas: Ukraine wird abgekoppelt
> Die Türkei stimmt dem Bau einer Erdgasleitung durch das Schwarze Meer zu.
> Damit wird Ankara zu einem wichtigen Energie-Umschlagplatz. Die Ukraine
> wird abgehängt.
Bild: Zollen sich selber Beifall für ihre Idee, der EU eine Konkurrenzgasleitu…
ISTANBUL taz | Die Unterschriften unter dem Vertrag für den Bau der großen
europäischen Gaspipeline Nabucco sind noch keinen Monat alt, da droht ihr
bereits ein Konkurrenzprojekt den Garaus zu machen. Am Donnerstagnachmittag
einigten sich die Ministerpräsidenten von Russland, Italien und der Türkei,
Wladimir Putin, Silvio Berlusconi und Tayyip Erdogan, auf den Bau einer
weiteren großen Gaspipeline, die durch das Schwarze Meer russisches Gas
nach Südeuropa pumpen soll.
Dieses unter dem Namen South Stream bekannte Projekt, das in Konkurrenz zur
von der EU favorisierten Nabucco-Leitung steht, konnte bislang nicht
gestartet werden, weil die Trassenführung durch das Schwarze Meer unklar
war.
Um zu verhindern, dass South Stream im Schwarzen Meer durch ukrainische
Gewässer führt, lag den Russen sehr viel daran, dass die Türkei zustimmt,
die Pipeline durch türkische Hoheitsgewässer zu verlegen. Erdogan, der nach
langem Zögern erst Anfang Juli der türkischen Beteiligung an Nabucco
zugestimmt hatte, gab nun auch für Putin grünes Licht.
South Stream wird durch türkische Gewässer führen, denn Putin war bereit,
dafür einen hohen Preis zu zahlen. Russland stimmte im Gegenzug zu, die
bestehenden Gaslieferverträge an die Türkei zu günstigen Konditionen um 20
Jahre zu verlängern. Außerdem beteiligen sich die Russen am Bau einer neuen
Ölleitung vom türkischen Schwarzmeerhafen Samsun zu dem Ölterminal Ceyhan
am Mittelmeer, damit russisches Öl nicht mehr per Schiff durch den Bosporus
befördert wird, sondern über die neue Pipeline gleich ans Mittelmeer
gepumpt werden kann.
Angesichts der Unentschlossenheit der EU und der Unwägbarkeiten des
Nabucco-Projekts, bei dem unklar ist, aus welchen Gaslagern es eigentlich
gespeist werden soll, hat die Türkei sich nun entschlossen, bei beiden
Projekten mitzuspielen - auch wenn das die Abhängigkeit von Russland
festschreiben könnte. Im Gegenzug wird die Türkei dadurch zu einem immer
wichtigeren Energieumschlagplatz und versucht sich so in eine strategische
Position zu bringen.
Mit von der Partie bei dem großen Energiedeal in Ankara war Italiens
Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Ungeachtet der Gefahr, dass South
Stream die westeuropäische Gasleitung Nabucco, deren erklärtes Ziel es ist,
Europa von russischen Gaslieferungen unabhängiger zu machen, zu einem
Pleiteprojekt machen könnte, hat Italiens staatlicher Energiekonzern Eni
seit langem mit Gazprom gemeinsam South Stream geplant.
Die Pipeline soll vom Schwarzen Meer weiter durch Bulgarien über
Griechenland nach Italien führen. Berlusconi brüstete sich gestern sogar,
er persönlich habe den Deal zwischen Putin und Erdogan eingefädelt.
Jedenfalls ließ er sich für die Vertragsunterzeichnung extra aus dem Urlaub
für zwei Stunden nach Ankara einfliegen, um beim historischen Händedruck
mit dabei zu sein.
Sobald die Unterschriften unter dem Dokument trocken sind, sollen nun die
Erkundungsarbeiten im Schwarzen Meer beginnen. Sowohl South Stream als auch
Nabucco sind extrem teure Milliardenprojekte, weshalb viele Energieexperten
davon ausgehen, dass beide Gasleitungen gleichzeitig kaum wirtschaftlich zu
betreiben sind. Die EU-Kommission wertet offiziell das Abkommen zum Bau
einer russischen Gaspipeline durch das Schwarze Meer trotz eigener Projekte
nicht als Konkurrenz. "Die Pläne ergänzen sich - und widersprechen sich
nicht", sagte ein Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs am
Freitag in Brüssel.
7 Aug 2009
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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