# taz.de -- Biotop hinter dem Künstlerhaus Tacheles bleibt: Frösche vertreibe… | |
> Im Kampf gegen Immobilienspekulanten zeichnet sich ein neues | |
> Erfolgskonzept ab: Frösche haben in Mitte die völlige Zerstörung des | |
> Biotops hinter Tacheles verhindert - vorläufig. | |
Bild: Frosch auf der Lauer | |
Handtellergroß, glitschig und grün-braun: So sehen siegreiche Kämpfer für | |
den Erhalt von Freiflächen in der Stadt aus. Nur den Fröschen und anderen | |
seltenen Zeitgenossen ist es zu verdanken, dass ein Biotop auf dem | |
Tacheles-Gelände in Mitte nicht Immobilienspekulanten zum Opfer fiel. | |
Im Streit um die Zukunft des Künstlerhauses samt dahinter liegender | |
Freifläche (siehe Kasten) rückten Anfang der Woche die Bagger an. | |
Beauftragt waren sie vom Zwangsverwalter. Denn die HSH Nordbank, die | |
Gläubiger des Eigentümers Johannishof Projektentwicklung ist, hatte Mitte | |
Dezember Antrag auf Zwangsversteigerung des Geländes gestellt. Seither | |
laufen Rechtsstreitigkeiten mit den Nutzern der Kulturruine. | |
"Als ich ankam, alarmiert von einem unserer Wachleute, war unser liebevoll | |
errichteter Holzzaun bereits abgerissen", sagte Olivier Putzbach, einer der | |
Biotop-Initiatoren, der taz. "Die haben ihren eigentlichen Auftrag benutzt, | |
um das Biotop gleich mit abzureißen." Putzbach und seine Mitstreiter seien | |
gewaltsam aufgehalten worden, als sie einschreiten wollten. Er alarmierte | |
umgehend das Bezirksamt für Umwelt und Natur - ein Schritt, der den Tieren | |
und Pflanzen rund um den kleinen Teich zunächst das Leben rettete. | |
Der Zwangsverwalter begründete die "Sicherungsmaßnahmen" mit Baggern damit, | |
die Nutzung auf den Freiflächen habe sich stark ausgeweitet. So seien | |
mehrere Wohnwagen auf dem Gelände aufgefahren. Dem habe man entgegentreten | |
wollen. | |
Doch die Artenschutzbeauftragte des Bezirks schritt ein und erklärte den | |
Bauarbeitern, dass der Geländeteil wegen der schützenswerten Arten nicht | |
zerstört werden dürfe. "Dort leben Froscharten, einige Eidechsen und | |
Rotschwänzchen, die man relativ selten im Stadtgebiet antrifft", sagte die | |
Leiterin des Umweltamts, Regine Grafe, am Donnerstag der taz. "Ein | |
Feuchtbiotop, wie es hier entstanden ist, darf so nicht entfernt werden." | |
Die Bagger mussten abziehen, der Sicherheitsdienst aber blieb. "Wir dürfen | |
uns nicht mehr um das Biotop kümmern", klagt Putzbach. Auch den Familien, | |
die bei der Pflege mithelfen, sei der Zugang verwehrt worden. Ein Skandal, | |
findet Putzbach. | |
Denn die vom Tacheles beauftragten Wachleute hätten sich auch als | |
Vermittler zwischen nachts pöbelnden Besuchern und den Bedürfnissen der | |
Frösche bewährt. Es habe immer einer aufgepasst, wenn jemand über den Zaun | |
klettern wollte, so Putzbach. Der vom Sicherheitsdienst des | |
Zwangsverwalters bewies offenbar weniger Kommunikationsfertigkeiten: In der | |
ersten Nacht kam es zu Rangeleien, mehrmals wurde die Polizei gerufen. | |
Zum Nachteil des Biotops: Im Zuge der Auseinandersetzungen wurde noch | |
einmal ein Teil des Gebiets zertrampelt. Vom Zwangsverwalter hieß es, | |
überhaupt sei das Biotop erst in der Nacht durch randalierende | |
Gästebeschädigt worden. Durch die "Sicherungsmaßnahmen" würden dagegen | |
"bestehende und dem Zwangsverwalter bekannte Nutzungsverhältnisse" nicht | |
gestört. Die Polizei bestätigte, dass Angestellte des | |
Sicherheitsunternehmens mit Flaschen und Steinen angegriffen worden seien. | |
In den folgenden Nächten blieb es immerhin ruhig. Doch Putzbach und seine | |
Mitstreiter dürfen weiter nicht auf das Gelände, die Sicherheitsleute | |
bleiben. | |
Langfristig müssen die Frösche wohl auf die fortwährende | |
Zahlungsunfähigkeit oder das Einlenken des Besitzers hoffen: Gibt es erst | |
konkrete Baumaßnahmen, können die Investoren bei der Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung einen Antrag stellen, dass das Biotop beseitigt werden | |
darf - weil die Baumaßnahmen das "zwingend erforderlich" machen. | |
20 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
## TAGS | |
Frosch | |
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