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# taz.de -- Der kleine Erfolg der rechten "Pro NRW": Außerhalb Kölns nicht vi…
> Mit dumpfen Parolen gegen "Islamisierung" machen sie Stimmung - auch bei
> der Kommunalwahl. Die Ergebnisse in einigen Städten lassen aufhorchen,
> landesweit aber ist ihr Rückhalt gering.
Bild: Dumpfe Parolen gegen die vermeintliche "Islamisierung"
Ein „historischer Wahlsieg" soll es gewesen sein, wenn nicht sogar ein
"politisches Erdbeben an Rhein und Ruhr": Nach den Kommunalwahlen am
vergangenen Sonntag ergehen sich die rechtsextreme „Bürgerbewegung Pro
Köln“ und die von ihr dominierte Partei „Pro NRW“ in überschäumenden
Erfolgsmeldungen. Der Einzug in den Düsseldorfer Landtag im kommenden Mai
sei „in greifbare Nähe gerückt", verkündet der „Pro Köln“- und „Pro
NRW“-Vorsitzende Markus Beisicht vollmundig.
Trotz ihres auch überregional beachteten Wahlerfolgs in ihrer Hochburg
Köln, wo „Pro Köln“ mit 5,4 Prozent den Wiedereinzug in den Stadtrat
schaffte, dürfte das ein Wunschtraum bleiben. Von einem Landtagseinzug ist
die schillerende Rechtsaußentruppe, die mit ihren beiden Kölner
„Anti-Islamisierungskongressen“ im September des vergangenen und im Mai
dieses Jahres bundesweit für Negativschlagzeilen sorgte, noch sehr weit
entfernt.
Landesweit kamen die „Pro“-Gruppen gerademal auf bescheidene 0,6 Prozent.
Damit überflügelten sie zwar deutlich die Konkurrenz von NPD (0,3) und
„Republikanern“ (0,2), liegen dennoch nur knapp über der
Wahrnehmungsgrenze.
Gleichwohl verdient das Abschneiden von „Pro NRW“ Beachtung. Bei der
Kommunalwahl am vergangenen Wochenende konnte "Pro NRW" 41.287 Stimmen auf
sich vereinen – knapp die Hälfte davon kommt aus Köln. Unklar ist, wie
viele Menschen an Rhein und Ruhr tatsächlich bereit gewesen wären, dieser
Variante des Rechtsextremismus ihre Stimme zu geben - denn es war nicht
überall möglich, für "Pro NRW" zu stimmen: Nur in acht von 54 kreisfreien
Städten und Kreisen stand sie überhaupt auf dem Wahlzettel.
Wo „Pro“-Gruppen antraten, lassen ihre Ergebnisse jedenfalls aufhorchen: So
werden „Pro“-Vertreter künftig sowohl in vier Kreistagen als auch in den
Parlamenten vier kreisfreier und fünf kreisangehöriger Städte sitzen – wenn
auch in den meisten Fällen nur deshalb, weil es seit 1999 in
Nordrhein-Westfalen keine Fünf-Prozent-Hürde bei den Kommunalwahlen mehr
gibt.
Ihr bestes Ergebnis erzielte „Pro NRW“ mit sechs Prozent in dem im
Rhein-Erft-Kreis gelegenen Städtchen Bergheim. Überdurchschnittlich gut
sind auch die Ergebnisse in Radevormwald (5,1) und in Dormagen (4,5). In
Bonn reichte es hingegen nur zu 1,6 Prozent. Neben Köln können die strammen
Rechtsausleger nun auch noch in zwei weiteren Großstädten eine Ratsfraktion
stellen: In Gelsenkirchen (4,3 Prozent) und in Leverkusen (4,0) eroberte
sie jeweils drei Mandate.
Die Behauptung von „Pro NRW“, sie hätte es „landesweit geschafft, sich
parlamentarisch zu verankern“, ist trotzdem nicht mehr als plumpe
Propaganda. Denn die Kommunalwahlen haben auch gezeigt, dass die
flächendeckende Ausdehnung von „Pro NRW“ gescheitert ist. Auch zweieinhalb
Jahre nach Gründung besteht die selbsternannte „Bürgerbewegung“ jenseits
ihres Kölner Zentrums vor allem aus Potemkinschen Dörfern. Nur in
Gelsenkirchen gelang es einem Kreis um den früheren „Republikaner“-Stadtrat
und Burschenschafter Kevin Gareth Hauer, eine anscheinend relativ stabile
eigenständige Struktur aufzubauen.
Außerhalb des Rheinlandes beschränkte sich der Wahlantritt von „Pro NRW“
entgegen aller lautsprecherischen Ankündigungen ansonsten auf das
ostwestfälische Lemgo - dort konnte mit 1,9 Prozent ein nur mäßiges
Stimmenergebnis eingefahren werden. „Pro NRW“ bleibt auch nach der
NRW-Kommunalwahl ein Kölner Phänomen: So rekrutierten sich die meisten
ihrer Kandidaten für die Landrats-, Oberbürger- oder Bürgermeisterwahlen im
Rheinischen aus dem Funktionärskreis der Domstadt-Truppe.
Die Kölner Ratsfraktionsvorsitzende Judith Wolter trat als
Landratskandidatin im Rhein-Erft-Kreis an, ihre Ratskollegen Manfred Rouhs
im Oberbergischen Kreis, Bernd Schöppe im Rheinkreis Neuss, Jörg Uckermann
in Leverkusen und Markus Wiener in Radevormwald.
Der desolate Zustand von „Pro NRW“ wird allerdings überstrahlt von dem
Wahlausgang in Köln. Von den Meinungsforschungsinstituten im Vorfeld
zwischen 1,6 und drei Prozent taxiert, konnte die „Bürgerbewegung Pro Köln�…
ihr Überraschungsergebnis von vor fünf Jahren nochmals überbieten und
steigerte sich von 4,7 auf 5,4 Prozent. Mit ihren dumpfen Parolen gegen
„gegen Islamisierung und Überfremdung“ reüssierte die Vereinigung laut
einer Wahlanalyse des städtischen Amtes für Stadtentwicklung und Statistik
vor allem in Stimmbezirken mit einem hohen Einwohneranteil mit
Migrationshintergrund, sowie dort, wo weit überdurchschnittlich viele
Hartz-IV-Empfänger wohnen.
So erschreckend das Abschneiden der bräunlichen Truppe in der Domstadt auch
ist, relativiert sich doch bei näherer Betrachtung der angeblich so große
Erfolg: Die Zuwächse resultieren weitgehend aus Umgruppierungen am rechten
Rand. So profitierte „Pro Köln“ vor allem davon, dass bei dieser
Kommunalwahl die „Republikaner“ nicht mehr am Start waren. 2004 hatten sie
noch mit 0,88 Prozent ein Mandat im Kölner Stadtrat erringen können - ihren
Ratsherrn Hans-Martin Breninek verloren die Republikaner im Folgejahr
jedoch an „Pro Köln“.
Ein weiterer Faktor für das vermeintlich gute Wahlergebnis der
Möchtegern-Bürgerbewegung war die Schwäche der NPD: Sie wurde in nur vier
von 45 Wahlbezirken zur Stadtratswahl zugelassen, im restlichen Stadtgebiet
war die NPD nicht wählbar. Während die NPD so nur 141 Stimmen auf sich
vereinigen konnte, machten am vergangenen Sonntag 19.894 Wähler ihr Kreuz
bei „Pro Köln“. Das klingt nicht nur viel, das ist viel. Aber das Ergebnis
bedeutet gleichwohl, dass trotz gestiegener Wahlbeteiligung das
Rechtsaußenspektrum insgesamt einen leichten Stimmenrückgang gegenüber der
Wahl 2004 hinnehmen musste. Denn damals kamen „Pro Köln“, „Republikaner�…
und NPD noch gemeinsam auf 20.580 Stimmen.
Darüber hinaus sind Markus Beisicht und Manfred Rouhs, die beiden
unangefochtenen Köpfe von „Pro Köln“, immer noch weit entfernt von ihrem
Wahlerfolg von 1989, als sie selbst noch als „Republikaner“ firmierten und
mit 7,4 Prozent (29.641 Stimmen) erstmals den Sprung in den Kölner Rat
schafften. Heftige innere Streitigkeiten und Spaltungen, allzu
offensichtliche Nähe zur neonazistischen Szene sowie die zu dieser Zeit
noch gültige Fünf-Prozent-Hürde beendeten jedoch ihre parlamentarische
Präsenz nach nur einer Legislaturperiode. Als "Deutsche Liga für Volk und
Heimat" (DLVH) flogen sie 1994 wieder aus dem Rat.
Aus ihren damaligen Fehlern haben Beisicht und Rouhs gelernt. So ist die
1996 gegründete „Bürgerbewegung Pro Köln“, die 2000 zum ersten Mal mit
einem eigenen – inzwischen zur NPD abgewanderten – Kandidaten zur
Oberbürgermeisterwahl antrat, tunlichst darum bemüht, sich als
„rechtsdemokratisches Gegenmodell zu den verbrauchten Altparteien“ zu
etablieren. Zu dieser Camouflage gehört auch, die klassische
Ausländer-Raus-Propaganda unter dem Deckmantel vermeintlicher Islamkritik
zu verstecken.
Die dahinter stehende Taktik erläuterte Beisicht in bemerkenswerter
Offenheit vor einiger Zeit in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“:
„Wir haben die Marktlücke besetzt, und es ist uns der Einbruch in Schichten
gelungen, die wir sonst nicht erreicht hätten.“ Gerade in Großstädten kön…
man mit dem Thema „Islamisierung“ punkten. Man komme zwar in dem Gewand
einer Anti-Moscheebau-Bürgerinitiative daher, verstehe sich aber als ein
rechtes Parteiprojekt.
So hat denn auch trotz aller Bemühungen um ein unverfänglicheres
Erscheinungsbild "Pro Köln" nach wie vor einen festen Platz unter der
Rubrik „Rechtsextremismus“ im nordrhein-westfälischen
Verfassungsschutzbericht. Mehrere Klagen dagegen scheiterten, zuletzt im
Juli dieses Jahres vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Gelungen ist der
Vereinigung jedoch, einen großen Teil jenes rechtsoffenen, überwiegend
gesellschaftlich deklassierten Wählerreservoirs zurückzuerobern, das deren
Vorläufer wegen ihres zu unappetitlichen braunen Schmuddel-Images Anfang
der 1990er Jahre verloren hatte.
Die Hoffnung, mit ihrer Kampagne gegen die geplante Ehrenfelder
DITIB-Moschee auch in breitere bürgerliche Wählerschichten vordringen zu
können, erfüllte sich indes nicht. Trotz einer immensen Materialschlacht im
Wahlkampf und der Unterstützung durch die österreichische FPÖ, den
belgischen Vlaams Belang sowie durch das Internet-Hetzportal "Politically
Incorrect" blieb "Pro Köln" am Sonntag weit unter dem selbstgesteckten
Wahlziel von mehr als zehn Prozent. Damit keine Missverständnisse
entstehen: Ein Anlass zur Beruhigung ist das allerdings noch nicht.
2 Sep 2009
## AUTOREN
Pascal Beucker
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