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# taz.de -- Kunstradfahren: Von der schwierigen Kunst auf Rädern
> Wer bei den German Masters gewinnt, hat gute Chancen, Weltmeister zu
> werden - die Deutschen dominieren den Sport weltweit. Regionale Größen
> haben es allerdings schwer.
Bild: Fahrradfahren geht auch kunstvoll
Juliane Stoffregen ist aufgeregt: "Nun muss ich mich gleich direkt mit den
Besten messen." Die Kunstradfahrerin vom SV Märkisch Buchholz steht im
Finale. Durchaus überraschend. Immerhin hatte sie in der Vorrunde das
niedrigste Ergebnis aller Starterinnen. Doch ihr Auftritt im Finale dank
einer Wildcard ist ein Zugeständnis an den Veranstalter aus dem Spreewald.
Denn regional ist Stoffregen sehr erfolgreich, doch im nationalen Vergleich
ist sie chancenlos. Kunstradfahren wird dominiert von Sportlern aus
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz - weltweit.
Und die Weltspitze ist in Märkisch Buchholz am Start. Das German Masters
ist Auftakt der nationalen Qualifikation für die Weltmeisterschaften im
November in Portugal. Die Auslese ist hart. Bei Männern und Frauen können
sich nur je zwei qualifizieren. Sie alle würden wohl sicher eine Medaille
gewinnen. Bundestrainer Dieter Maute zieht den prominenten Vergleich: "Das
ist wie im Tischtennis bei den Chinesen." Im vorigen Jahr belegten die
deutschen Athleten bei den Weltmeisterschaften bei den Frauen und Männern
die ersten drei Plätze, gewannen auch bei den Paaren.
In Märkisch Buchholz wird Robin Hartmann ein Opfer der großen Konkurrenz.
Der Weltmeister von 2007 erreicht bei den Einern der Männer nicht einmal
das Finale der besten vier. Ein Abgang im ersten Durchgang kostet ihn viele
Punkte, zu viel, wie er findet und durchrechnet.
Dabei ist Kunstradfahren relativ transparent. Vor dem Start schreibt jeder
Sportler seine Kür nieder, insgesamt 25 Übungen bei den Paaren und 30 bei
den Einzelstartern. Diese müssen in fünf Minuten untergebracht werden. Für
jeden Fehler werden sofort Punkte abgezogen, für alle Zuschauer sichtbar.
"Bis vor zwei Jahren gab es noch eine andere Regelung, da hatten wir mehr
Zeit, um weniger Übungen zu zeigen", erzählt Hartmann. Da konnte man auf
die technisch saubere Ausführung der Elemente achten, "jetzt häufen sich
gerade gegen Ende der Kür Fehler, wenn man unter Zeitdruck gerät." Der
Weltverband wollte durch die Regeländerung erreichen, dass die Weltspitze
international zusammenrückt. Doch das Gegenteil traf ein.
Früh fangen sie an, die deutschen Kunstradfahrer, meist schon mit fünf oder
sechs Jahren. "Am Anfang üben wir nur die Hälfte der Zeit auf dem Rad. Da
ist allgemeine Koordination genauso wichtig: Gleichgewichts-, Kopplungs-
und Differenzierungsfähigkeit", erklärt Bundestrainer Dieter Maute. Der
42-jährige Diplomsportwissenschaftler war selbst fünfmal Weltmeister und
gibt nun seine Erfahrungen als Trainer weiter. "Bei den Schülern haben wir
mehr Wettkampfsportler als die Rennradfahrer", verweist Maute auf das
starke quantitative Fundament seiner Sportart, "erst im Alter dünnt sich
das Feld dann aus." Nur die besten bleiben dem Kunstradfahren bis in den
Erwachsenenbereich erhalten.
Der seit Jahren konstanteste Kunstradfahrer ist David Schnabel. Der
24-Jährige wurde bereits dreimal Weltmeister, zuletzt im vorigen Jahr. Auch
bei den German Masters zeigt er in beiden Durchgängen die beste Leistung.
"Ich bin zufrieden, habe jetzt zwei gute und solide Küren hingelegt.
Allerdings hätte ich lieber ein größeres Polster aufgebaut."
Schnabel erfährt als dreifacher Weltmeister immerhin ein wenig
Unterstützung, etwa in Form von gesponserten Waren, etwa seinem
Kunstfahrrad, aber auch Müsli. Als A-Kader-Athlet wird er zudem mit einer
kleinen monatlichen Summe von der Sporthilfe gefördert. Für jeden seiner
Weltmeister-Titel kamen 1.200 Euro als Bonus hinzu. Viel mehr ist mit
Kunstradfahren nicht zu holen.
Juliane Stoffregen ist davon noch weit entfernt. Im Finale ist sie wie
erwartet chancenlos. "Das liegt vor allem an den Trainern. Ich bin in
unserem Verein die einzige auf meinem Niveau, muss mir alle Übungen selbst
beibringen", sagt sie.
Auch deshalb fand das German Masters in Märkisch Buchholz statt, erklärt
der Bundestrainer: "Wir wollen der Jugend hier vor Ort einen Ansporn geben
und zeigen, was in dem Sport möglich ist." Mit den Rahmenbedingungen, vor
allem der Sporthalle, ist Maute schon mal zufrieden. "Ich hoffe, dass die
Region nun auch sportlich vorwärts kommt. Wir bieten ja Unterstützung für
die Landestrainer, vor allem im Basistraining an."
6 Sep 2009
## AUTOREN
John Hennig
## TAGS
Schwerpunkt Sport trotz Corona
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