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# taz.de -- Kommentar "Kriegsverräter": Wer mutig war
> Gegen die Rehabilitierung der so genannten "Kriegsverräter" haben sich
> Konservative lange gewehrt - die Mär vom "Verräter, der seine Kameraden
> dem Feind überlässt" hielt sich hartnäckig.
Bild: Der einstige Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann wartet auf Rehabilitation.
Wer im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Fahne ging, erst recht, wer sich
an Widerstandsaktionen gegen das NS-Regime und seine Wehrmacht beteiligte,
hatte im Nachkriegsdeutschland West einen schweren Stand. Die Verschwörer
des 20. Juli wurden zuerst als Verräter gescholten. Dann schafften sie es
zur regierungsoffiziellen, schließlich auch zur gesellschaftlichen
Anerkennung. Am leichtesten hatten es Aristokraten und/oder Offiziere.
Einfache Soldaten waren lange chancenlos, wenn es um die Würdigung ihres
Widerstands ging. Ihnen wurde unterstellt, sie hätten nur die eigene Haut
retten wollen. Altruismus und Edelmut galten eben doch als Attribute der
Elite. Für sie, die kleinen Leute, die Landser, war das Instrument des
Kriegsverrats zugeschnitten. Sie vor allem waren es, die oft wegen kleiner
humaner Gesten, wegen Äußerungen des Unmuts im Familienkreis als
Kriegsverräter verurteilt und hingerichtet wurden.
Die pauschale Aufhebung der Urteile wegen Desertion aus der Wehrmacht und
Wehrdienstverweigerung durch die rot-grüne Regierung war ein bedeutender
Schritt zur Rehabilitierung dieser Formen von Widerstand. Er spiegelte das
durch die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" veränderte Klima wider.
Wenn 2002 die Kriegsverräter von der pauschalen Aufhebung ausgeschlossen
wurden, so zeigt dies, wie stark der Druck konservativer Kräfte noch war,
die das Bild von der sauberen Wehrmacht hochhalten wollten.
Nach wie vor kursiert die Mär, wonach die "Kriegsverräter" ihre
Wehrmachtskameraden "dem Feind" preisgegeben hätten - kein einziger solcher
Fall ist belegt. Nach wie vor wehren sich die Konservativen hartnäckig
gegen den einzig möglichen Schluss: dass derjenige human und mutig zu
nennen ist, der der nazistischen Kriegsmaschine in die Speichen griff. Der
sich zu handeln entschloss, wo seine Kameraden bis zum bitteren Ende
ausharrten.
8 Sep 2009
## AUTOREN
Christian Semler
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