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# taz.de -- Zweite Runde im "Brötchen-Prozess": Bäcker darf weiterarbeiten
> Die fristlose Kündigung eines Bäckers wegen eines angeblichen
> Aufstrich-Diebstahls ist auch in zweiter Instanz abgewiesen worden. Bei
> dem Belag habe es sich um eine "äußerst geringwertige Sache" gehandelt.
Bild: Guckt ganz genau hin: Die Bäckereikette Westermann.
BOCHUM taz | Die Großbäckerei Westermann ist mit ihrem Versuch, einen
unliebsamen Betriebsrat durch fristlose Kündigung loszuwerden, auch in
zweiter Instanz gescheitert: Der Mittelständler aus der Ruhrgebietsstadt
Bergkamen muss seinen Bäcker Benjamin Lassak unbefristet
weiterbeschäftigen. Das hat das Landesarbeitsgericht im
nordrhein-westfälischen Hamm am Freitag entschieden und damit ein Urteil
des Arbeitsgerichts Dortmund vom März bestätigt. Eine Revision ließ das
Gericht nicht zu.
Zwei Brötchen und eine "Hirtenfladenbelag" genannte Kräuter-Öl-Mischung
habe Betriebsrat Lassak vor genau einem Jahr bei der Arbeit gegessen und
sich damit des Diebstahls schuldig gemacht, hatte Westermann ursprünglich
behauptet. Prokurist und Junior-Chef Miodrag Zecevic wollte den 26-Jährigen
zusammen mit einem weiteren Arbeitskollegen beim Diebstahl der
Pfennigsartikel ertappt haben. Vor Gericht musste Zecevic aber einräumen,
dass Lassak die Brötchen ordnungsgemäß im firmeneigenen Backshop gekauft
hat. Selbst den Diebstahl von zwei Teelöffeln des "Hirtenfladenbelags" mit
einem Wert von weniger als 10 Cents konnte der Westermann-Chef nicht
beweisen: "Niemand hat gesehen, dass Herr Lassak in das Brötchen gebissen
hat", so Gerichtssprecher Thomas Gerretz zur taz.
Eine "äußerst geringwertige Sache" sei der Brotaufstrich sowieso, urteilte
der Vorsitzende Richter der 13. Kammer, Franz Müller. Selbst wenn Lassak
den Belag gegessen habe, rechtfertige dies noch lange keine fristlose
Kündigung. Ein ordentliches Verfahren kommt bei dem Betriebsratsmitglied
nicht in Frage. Zwar könne der Diebstahl auch geringwertiger Dinge durchaus
eine Kündigung zur Folge haben, sagte Richter Müller -- im Frühjahr hatte
der Fall der Berliner Kaiser's-Kassiererin "Emmely" für Schlagzeilen
gesorgt, die wegen des Diebstahls von zwei Pfandbons im Wert von 48 und 82
Cents rechtmäßig entlassen worden war. Allerdings müsse immer der
Einzelfall abgewogen werden, so das Gericht. "Der Wert des angeblichen
Diebesguts liegt hier bei unter 10 Cents, vielleicht sogar bei Null",
betont Gerichtssprecher Gerretz.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten begrüßte das Urteil. Mit
"fiktivem Diebstahl" habe Westermann versucht, dass
Betriebsverfassungsgesetz auszuhebeln, so Gewerkschaftssekretär Helge
Adolphs zur taz: "Ein aktiver und deshalb unbequemer Betriebsrat sollte so
kaltgestellt werden."
18 Sep 2009
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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