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# taz.de -- Ex-Marathonteilnehmer und DDR-Olympiakader Roland Winkler im Portr�…
> Der Berlin-Lauf steht diesmal im Zeichen des Mauerfalls. DDR-Olympiakader
> Roland Winkler verfolgte das Ereignis einst vom Plattenbau aus, dann lief
> er als Illegaler mit.
Bild: Für Roland Winkler ist er zur Routine geworden: der Lauf
Die große Vision von einst ist für Roland Winkler zur Routine geworden. Am
Sonntag wird er um 9 Uhr auf der Straße des 17. Juni 40.000 Menschen auf
die Marathonstrecke schicken. Winkler ist der "Ressortleiter Start" im
Organisationsteam des Berlin-Marathons. Und wenn die Masse an ihm
vorbeigetrabt ist, wird sich der 62-Jährige wie stets in den vergangenen
Jahren selbst als Letzter auf den Weg machen.
In den Achtzigerjahren hat er den Lauf noch vom Staatsgebiet der DDR aus
verfolgt. Mit Freunden stand der Sportlehrer in einem Plattenbau in der
Leipziger Straße ganz oben im Treppenhaus und blickte gen Westen.
Rennrelevante Details konnte man aus dieser Entfernung zwar nicht erkennen,
doch dafür hatten sie das Radio dabei, in dem die Übertragung des Senders
Freies Berlin lief. Zu gerne nur wären die Hochhauskiebitze mitgelaufen.
Winkler sagt: "Wir haben wie die Wilden trainiert." Aber damals waren alle
davon überzeugt, dass das frühestens im Rentenalter möglich sein würde.
Der diesjährige Marathon steht nun unter dem Motto "20 Jahre grenzenlos
laufen". Für Winkler ist das eigentlich nichts Besonderes - "nur eine
Zahl". Aber es sei, wie er sagt, ein Anlass, das zu tun, was er sowieso
gerne macht: sich an die Anfänge zurückerinnern. Seine persönliche
Berlin-Marathon-Geschichte begann ein Jahr vor dem Mauerfall. "Das erste
Mal bin ich als Illegaler gestartet", sagt er. Winkler nutzte 1988 die
damals gerade leicht gelockerten Ausreisebedingungen. Verwandte ersten
Grades durften besucht werden. Der Geburtstag der Tante lag für ihn
goldrichtig. Und er lief mit 63 weiteren "Illegalen" seinen ersten
Berlin-Marathon. Die meisten seiner Mitbürger waren Rentner, die sowieso
problemlos in den Westen kamen. Winkler war nicht irgendwer in der
ostdeutschen Laufszene. Im Jahre 1972 stand er im DDR-Olympiakader für den
Marathon. Mit seiner Bestzeit von damals (2:17:13 Stunden) wäre er in
diesem Jahr Deutscher Meister geworden. Der DDR-100-Kilometer-Rekord (6:45
Stunden) ist ihm nicht mehr zu nehmen. Zudem hat er in Ostberlin den in der
Szene bis heute bekannten "Team-Marathonlauf" mitbegründet. Und so knüpfte
er bei seiner Laufpremiere im Westen auch gleich Kontakt zu Horst Milde,
dem "Vater" und Organisator des Berlin-Marathons.
Eine Verbindung, die direkt nach dem Mauerfall wiederaufgenommen wurde.
Winkler lief nur zwei Tage nach dem historischen Ereignis einen Crosslauf
im Westteil der Stadt und war abends bei der Familie Milde eingeladen.
"Dort haben wir in der Küche, völlig berauscht von dem politischen Umbruch,
die DDR-Initiativgruppe Berlin-Marathon gegründet." Man wollte sich dafür
einsetzen, den Streckenverlauf des Rennens durch die wiedervereinigte Stadt
zu legen - mit dem Zielpunkt Brandenburger Tor. "Vielleicht hätte es dieser
Initiative gar nicht bedurft", räumt Winkler ein. Bei den Politikern gab es
für die geforderte symbolträchtige Route nur Zustimmung.
Beim ersten Marathon durch ganz Berlin, im September 1990, war laut Winkler
"alles da, was in der DDR laufen konnte". Nach einem Blick in seine
Ergebnislisten konkretisiert er: "Von 16.000 Teilnehmern kamen 1.700 aus
der DDR. Wir waren die zweitstärkste Nation, noch vor den Briten."
Allerdings, erzählt Winkler, sei der Lauf durch die Ostteile der Stadt
enttäuschend gewesen. "Das war teilweise wirklich öde." Während das
Ereignis im Westen am Rande der Strecke mit zahlreichen Bands zelebriert
wurde, verloren sich auf dem ehemaligen DDR-Gebiet nur wenige Zuschauer. Im
Laufe der Zeit glichen sich jedoch die Zuschauerzahlen und die Stimmung an
den Straßenrändern an.
"In den letzten Jahren", sagt Winkler, "denke ich überhaupt nicht mehr
daran, wenn ich die frühere Grenze überquere." Zum 20. Jubiläum des
grenzenlosen Berlin-Marathons wird das vielleicht anders sein. Viermal
werden die Athleten die ehemalige Demarkationslinie am Sonntag
überschreiten. An drei Stellen wollen die Veranstalter großformatige
Fotocollagen aufstellen.
18 Sep 2009
## AUTOREN
Johannes Kopp
Johannes Kopp
## TAGS
Rennsteig
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