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# taz.de -- Experte über Terrorgefahr: "Al Qaida geht es um Verunsicherung"
> Ein Anschlag wird durch das neue islamistische Drohvideo nicht
> wahrscheinlicher, sagt Publizist Thamm. Al Qaida betreibt psychologische
> Kriegsführung und bindet so Polizeiressourcen.
Bild: Osama Bin Laden veröffentlichte zuletzt zum Jahrestag der New Yorker Ans…
taz: Herr Thamm, seit dem Wochenende gibt es zwei neue islamistische
Drohvideos, die sich an Deutschland richten. Ist ein Anschlag
wahrscheinlicher geworden?
Berndt Georg Thamm: Wahrscheinlicher wohl nicht. Die neuen Videos reihen
sich ja in eine ganze Reihe von islamistischen Drohvideos seit Anfang des
Jahres ein. Auch Al-Qaida-Mann Bekkay Harrach, der auf den neuen Videos zu
sehen ist, war damals bereits tätig. Diese Botschaften sind in weiten
Teilen in deutscher Sprache verfasst und richten sich klar an die deutsche
Bevölkerung und Politik. Das ist eine neue Qualität. Aber die gibt es schon
seit Anfang des Jahres.
Neu ist aber, dass in einem der aktuellen Videos ein konkreter Zeitraum für
einen möglichen Anschlag genannt wird.
Das ist auch nicht ganz neu, es gab bereits unspezifische Drohungen, die
über US-amerikanische Nachrichtendienste bekannt wurden, dass um die
Weihnachtszeit 2003 ein Anschlag auf ein Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg
verübt werden sollte.
Jetzt ist aber in einem Video von einem Anschlag in den zwei Wochen nach
der Bundestagswahl die Rede.
Ja, aber das sehe ich vor allem im Rahmen der psychologischen
Kriegsführung. Das ist eine Waffe, die Al-Qaida sehr gezielt nutzt. Man
kann natürlich nie einen Anschlag auschließen, vor allem nicht von einem
Einzeltäter, der sich jetzt aufgerufen fühlt, etwas zu unternehmen, und
ganz eigenmächtig aktiv wird - vielleicht ist der Auslöser dafür ein
Konflikt im Privatbereich. Al-Qaida aber geht es vor allem um
Verunsicherung. Zudem wird auf solche Drohungen ja auch reagiert. Die
Polizei ist an Flughäfen und Bahnhöfen verstärkt im Einsatz, was richtig
ist. Aber so werden auch Ressourcen über längere Zeiträume gebunden.
In dem Video droht Harrach dem ganzen Land, nur Kiel nimmt er aus. Wie
erklären Sie sich das?
Das könnte auch einfach Teil der psychologischen Kriegsführung sein. Es ist
jedenfalls nichts aus seinem Lebenslauf öffentlich bekannt, was einen Bezug
zu Kiel hat - wo es immerhin einen Marinestützpunkt gibt. Vielleicht ist er
mal durchgefahren, wir wissen es nicht. Insgesamt aber steht Bekkay Harrach
für einen Trend bei Al-Qaida, dem wir viele Jahre lang nicht die Bedeutung
eingeräumt haben, die sie verdient hätte.
Für welchen?
Dass Einwanderer wie Harrach, der ja lange in Deutschland gelebt hat,
insbesondere aber Konvertiten nach ihrer Radikalisierung eine wichtige
Rolle in der internationalen Qaida-Organisation spielen. Vor diesem
Hintergrund kommt Zusammenschlüssen wie dem der Sauerland-Gruppe ein hoher
Stellenwert zu.
Wenn sich die Bundeswehr aus Afghanistan zurückziehen oder zumindest einen
Plan für den langfristigen Abzug erarbeiten würde, wäre Deutschland dann
aus der Schusslinie?
Natürlich ist Afghanistan in diesem Susammenhang die symbolträchtigste
Frage. Gäbe es sie nicht, würde Al-Qaida aber sicher andere Erpressungs-
und Drohversuche unternehmen. Dann wären Forderungen möglich, dass sich die
Marine vom Horn von Afrika verabschieden soll oder dass verurteilte
islamistische Terroristen aus der Haft entlassen werden sollen. Da ist
einiges denkbar.
22 Sep 2009
## AUTOREN
Sabine am Orde
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Bekkay Harrach wirkt im Drohvideo von Al-Qaida wie ein braver Gymnasiast
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