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# taz.de -- Gewinnerfilm: Weltstadt für eine Nacht
> Fatih Akins neuer Film "Soul Kitchen" eröffnet heute das Filmfest
> Hamburg. Er handelt von der Vertreibung durch Investoren, in Hamburg
> derzeit ein großes Thema. Dennoch sieht Akin den Film als
> "Liebeserklärung" an die Stadt.
Bild: Moderne Hanseaten: Zinos (Adam Bousdoukos) und seine Lieben in Fatih Akin…
Besser hätte es gar nicht laufen können. Der Regisseur Fatih Akin nennt
seinen neuen Film "Soul Kitchen" eine "Liebeserklärung an Hamburg" und
bekommt Mitte September bei den Filmfestspielen in Venedig den Spezialpreis
der Jury. Heute nun hat der Film Deutschlandpremiere: "Soul Kitchen"
eröffnet das Filmfest Hamburg. Die Säle sind längst ausverkauft, der Stolz
ist groß. Der NDR lässt verkünden, dass man mit Akin bereits am nächsten
Film arbeite. Lange bevor "Soul Kitchen" bundesweit in die Kinos kommt -
das nämlich wird erst am 25. Dezember sein, als Weihnachtsgeschenk gewisser
Maßen.
"Soul Kitchen" ist ein Hamburg-Film, weil er in Hamburg-Wilhelmsburg
spielt, weil er in Hamburg lebende Schauspieler wie Birol Ünel oder Demir
Gökgöl versammelt und die Geschichte einige strukturelle Anknüpfungspunkte
liefert. Es geht um den jungen Zinos (Adam Bousdoukos), der die Kneipe
"Soul Kitchen" betreibt und sich als Hamburger Grieche nach Nestwärme
sehnt. Von seiner Freundin bekommt er die nicht: Nadine (Pheline Roggan)
will Karriere als Zeit-Korrespondentin machen und geht dafür nach China.
Zinos will ihr hinterher reisen und versucht, die Kneipe los zu werden.
Dabei entwickelt sich der Laden eher zufällig zur erfolgreichen
Szene-Location. Ein Immobilien-Hai will die Kneipe zu platt machen. Zinos
Bruder (Moritz Bleibtreu) lässt sich übers Ohr hauen. Und auf Zino selbst
wartet ein Happy End - allerdings ohne Nadine.
Wie bei Akins früheren Erfolgen spielt Migration eine Rolle, der
wesentliche Hamburg-Bezug aber ist das Phänomen der Gentrifizierung, der
Verlust von Stadtkultur, weil sich Investoren Immobilien unter den Nagel
reißen und die (Lebens-)Künstler vertreiben. Dabei bleibt "Soul Kitchen" zu
jeder Zeit eine Komödie - mit einem Hang zum Klamauk.
"Vor Venedig hatte ich Angst, dass hinter Stade keiner mehr lacht", sagt
Akin. "Inzwischen bin ich zuversichtlich, dass der Film überall
funktioniert." Genau wissen wird Akin das erst nach dem 25. Dezember. Außer
Frage steht aber, dass das Heimspiel beim Filmfest ein Erfolg wird. Mit den
Künstlern, die derzeit das für einen Abriss vorgesehene historische
Gängeviertel in Hamburg besetzen, hat sich Akin öffentlich solidarisch
erklärt. Und hat den am Stadtmarketing orientierten Hamburger Politikern
zugerufen, was diese am allerwenigsten vertragen: "Hamburg wird nie eine
Weltstadt werden", sagte der 36-Jährige. "Du kannst nur eine Weltstadt
sein, wenn du Respekt hast vor der Vergangenheit."
Ein anderer, nicht ganz so folgenschwerer Indikator für städtisches
Selbstverständnis ist, wie es eine Metropole hält mit dem Filmfestival vor
Ort. Anspruch oder Roter Teppich? Stars aus Hollywood oder aus Dänemark?
Stadtgespräch oder Randaspekt im Veranstaltungskalender? Das Filmfest
Hamburg hat es da im Vergleich zu anderen Festivals nicht einfach, sich zu
profilieren. Was auch mit Etats zu tun hat: Für das Jahr 2009 steht dem
Filmfest Hamburg ein Etat von 680.000 Euro zur Verfügung. Das Filmfest in
München hat 1,5 bis zwei Millionen Euro. In einer ganz anderen Dimension
liegt dagegen die Berlinale mit einem Etat von über 16 Millionen Euro - sie
ist das einzige A-Festival in Deutschland mit einem internationalen
Wettbewerb.
Wie die Filmfestivals in der Filmwelt dastehen, das entscheidet unter
anderem die Zahl der Erst- und Uraufführungen im Programm. Das Münchner
Filmfest profitiert hier vom A-Festival in Cannes, wo die Münchner deutsche
Erstaufführungen abgreifen können. Zeitnah zum Hamburger Filmfest fände das
A-Festival in Venedig statt - leider aber zu kurzfristig, um sich für das
Hamburger Programm umzuschauen. Ein Highlight in diesem Jahr wird die
Deutschlandpremiere von Woody Allens neuem Film "Whatever Works" sein.
Wie die Münchner versuchen die Hamburger Filmfestmacher, ein Festival für
das breite Publikum zu machen als auch für Leute aus dem Filmgeschäft - die
sind wichtig, um Produktionsfirmen und Verleihe davon zu überzeugen, dass
ihre Präsenz auf dem jeweiligen Festival sinnvoll ist. Während aber das
Münchner Filmfest gut mit der Stadt verwachsen zu sein scheint, tun sich
die Hamburger noch schwer, bei der Bevölkerung im größeren Stil
wahrgenommen zu werden.
Ein Mittel zur Steigerung der Strahlkraft ist klassischer Weise der Rote
Teppich. Den gibt es häufig in Hamburg - begangen wird er in diesem Jahr
unter anderem von dem dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen und deutsche
Kollegen wie Heike Makatsch, August Zirner, Silke Bodenbender, Yvonne
Catterfeld und Cosma Shiva Hagen.
23 Sep 2009
## AUTOREN
Klaus Irler
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