# taz.de -- Die C64-Generation: Nostalgie vor dem Rechner | |
> Dank Emulatoren können sich Computerfreaks ihre Jugend zurückholen: | |
> Nahezu alle alten Systeme sind inzwischen für PC, Mac oder Smartphone zu | |
> haben. | |
Bild: In der 80er Jahren war der Commodore 64 ein Verkaufshit - Jugendliche pro… | |
Man nennt sie auch "Generation C64": Menschen, die Mitte der Achtzigerjahre | |
jung waren und damals mit eben jenem legendären Heimcomputer erste | |
informationstechnische Erfahrungen sammeln konnten. Obwohl sie heute über | |
Hardware verfügen, die die Rechenleistung von Großrechnern jener Jahre um | |
Längen schlagen und realistische 3D-Bilder auf den Bildschirm zaubern | |
können, bekommt diese Zielgruppe warme Gefühle im Bauch, wenn sie Software | |
jener Zeit zu Gesicht bekommt. | |
Dann erinnert man sich schnell an Titel wie "Bruce Lee" oder "Winter | |
Games", "Great Giana Sisters" oder "Impossible Mission". All diese Spiele | |
lassen sich auch heute noch problemlos auf jeden PC oder Mac holen. Das | |
Zauberwort lautet dabei Emulatoren: Programme, die die einstigen | |
Computerzwerge perfekt auf der heute viel schnelleren Hardware in Software | |
nachbilden. | |
Im Netz gibt es zahllose Treffpunkte, wo man solche Programme beziehen | |
kann. Open-Source-Projekte wie MAME versuchen sogar, gleich zahlreiche | |
Systeme zu emulieren. Dabei übernimmt die PC-Tastatur die Steuerung oder | |
man besorgt sich einen per USB anschließbaren Joystick alter Schule. | |
Nicht unproblematisch ist dabei allerdings die rechtliche Lage. So sind | |
auch 25 Jahre alte Systeme mitsamt ihrer Software möglicherweise noch | |
urheberrechtlich geschützt, weil die einstigen Herstellerfirmen in der ein | |
oder anderen Form bis heute weiter existieren. Viele Emulatoren-Entwickler | |
versuchen, diese Problematik dann gegebenenfalls zu umgehen. | |
So gibt es beispielsweise Programme, die legendäre Rechner zwar perfekt | |
nachahmen können, aber standardmäßig ohne die zum Funktionieren notwendigen | |
alten System-Software-Dateien (ROMs und Firmware) angeboten werden, auf | |
denen noch ein Copyright liegt. Der Nutzer wird dann dazu genötigt, sich | |
diese selbst aus dem Internet zu besorgen, was ihm durchaus rechtliche | |
Probleme einbringen könnte. Daher ist es womöglich besser, sich einen | |
offiziellen Emulator zu kaufen, der über entsprechende Lizenzen verfügt - | |
selbst wenn der dann womöglich weniger Funktionen hat als freie | |
Open-Source-Programme. | |
Das Thema dürfte in den nächsten Jahren akuter denn je werden, falls die | |
Rechtsabteilungen beginnen, die Emulatorenszene zu entdecken. Ganz | |
unwahrscheinlich ist das nicht, erkennen doch insbesondere die lange im | |
Geschäft befindlichen Spielehersteller, dass sich die Neuauflage ihrer | |
alten Games lohnt. Zu den besonders aktiven gehören große japanische Namen | |
wie Konami, Sega, Namco oder Taito. So hat Taito, das inzwischen zum | |
Spieleriesen Square Enix gehört, berühmte Titel wie "Arkanoid" | |
wiederbelebt, während Konami "Frogger" und Sega "Columns" für verschiedene | |
Plattformen verkauft. Das Geschäft hat Gewicht: So geht beispielsweise der | |
Markenbesitzer des Klassikers "Tetris" auch heute noch gegen Konkurrenten | |
vor, deren Name zu Verwechslungen führen könnte. | |
Besonders gut läuft das Geschäft mit den wiederbelebten Spieleklassikern | |
auf Apples iPhone, da sich dort Games sehr einfach über den eingebauten | |
Software-Laden verkaufen lassen. Inzwischen wurde über die Plattform auch | |
ein offiziell lizenzierter C64-Emulator angeboten sowie einer für das alte | |
europäisch-japanische Heimcomputersystem MSX. | |
Die Hersteller müssen dabei allerdings aufpassen, Apple nicht auf die Füße | |
zu treten: Der iPhone-Hersteller verbietet unter anderem direkt | |
ausführbaren Programmcode. Das führte im Fall des C64-Emulators dazu, dass | |
dieser so geändert werden musste, dass das alte BASIC nicht mehr ausführbar | |
war; aktuell befindet sich die neue Version bei Apple in der Endkontrolle. | |
Aus diesem Grund gehen viele Hersteller inzwischen dazu über, einfach | |
direkt alte Spiele auf der Plattform anzubieten. Adventure-Titel wie | |
"Myst", "Monkey Island" oder "Simon The Sorcerer" feiern auf dem Handy, das | |
technisch problemlos damit zu recht kommt, fröhliche Urständ. Dabei werden | |
für diese Titel häufig auch mehr Euros verlangt, als für "normale" | |
iPhone-Spiele - statt der sonst oft üblichen 79 Cent gerne vier Euro und | |
mehr. Verkauft werden die Games trotzdem gut. | |
Emulatoren gibt es nicht zu letzt auch für neuere Systeme wie Sony | |
Playstation oder Nintendo 64, selbst aktuelle Generationen wie die Wii | |
werden bereits in Software nachgebildet. Da das zumeist nicht im Interesse | |
der Hersteller ist, kommt es hier häufiger zu rechtlichen | |
Auseinandersetzungen. Auch hier gilt, dass die Hersteller das Geschäft mit | |
den Emulatoren selbst übernehmen würden: So verkauft etwa Nintendo in | |
seinem Wii-Store selbst alte Titel, während Microsoft über seine Plattform | |
Xbox Live auf der Xbox 360 alte Xbox-Vollversionen absetzt. | |
29 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Technik | |
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