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# taz.de -- 120 Tote nach Tsunami: Leichen hängen in den Palmen
> Mindestens 120 Menschen sind im Pazifik Opfer eines Tsunami geworden. Die
> Flutwelle richtete in Samoa, Amerikanisch-Samoa und Tonga schwere Schäden
> an. Auslöser war ein Erdbeben.
Bild: Nach dem Tsunami: Überflutete Hauptstraße im Ort Fagatogo im amerikanis…
SYDNEY taz | Der Tod kam so überraschend und schnell nach Lalomanu, dass
kaum jemand reagieren konnte. Mindestens 40 Menschen starben, als der
Tsunami das Dorf im Südosten von Samoa überspülte. Autos seien durch die
Luft geschleudert und ins Meer getrieben worden. Die meisten der einfach
gebauten Häuser brachen zusammen. Viele wurden weggespült. Lalomanu war
das, was man als Südseeparadies bezeichnen könnte. Weiße Strände,
kristallklares Wasser, liebenswerte Menschen. Jetzt ist es ein
Katastrophengebiet.
Auch in anderen Gegenden von Samoa, Amerikanisch-Samoa und Tonga gab es
Berichte von der außerordentlich hohen Geschwindigkeit, mit der die
Flutwelle auf die Küstenregionen zugeschossen sei. "Man hatte in vielen
Fällen nur Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen, nicht einmal
Minuten", so Kerri Ritchie vom australischen Fernsehsender ABC. Der
neuseeländische Tourist Hamish Nead surfte gerade, als sich vor seinen
Augen das Meer senkte "und unter mir das Riff trocken lag".
Es ist zu befürchten, dass die Zahl der Opfer in den kommenden Tagen noch
ansteigen wird. Viele Menschen werden noch vermisst. Beobachter vermuten,
dass sie ins Meer gespült oder unter Trümmern begraben wurden. Laut der für
Katastrophenhilfe zuständigen Behörde in Samoa wurden ganze Dörfer
ausradiert. Die bekannten Ferienanlagen Sinalei Reef und Coconuts Beach an
der Westküste seien schwer getroffen worden. Im benachbarten
Amerikanisch-Samoa wurde die Hauptstadt Pago Pago stark beschädigt. Der
amerikanische Präsident Barack Obama sprach von einer "großen Katastrophe".
Ausgelöst wurde die Flutwelle kurz nach sieben Uhr am Dienstagmorgen von
einem Erdbeben der Stärke 8,3 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag etwa
18 Kilometer unter dem Meeresspiegel. Allein das Beben soll bereits mehrere
Todesopfer gefordert haben. Die in Samoa lebende Australierin Lynne Coles
meinte, zwei ihrer Cousins seien dadurch bei einem Autounfall umgekommen.
"Als das Erdbeben begann, wurde die Straße in zwei Teile zerrissen", meinte
sie. Das Epizentrum des Bebens lag nur 200 Kilometer südwestlich von der
samoanischen Hauptstadt Apia entfernt. Die Erde habe minutenlang gebebt. Es
gab mehrere Nachbeben.
Der samoanische Premierminister Tuilapa Sailele war auf dem Flug in die
Hauptstadt, als der Tsunami über sein Land einbrach. "Er ist ein
gebrochener Mann", beschreibt die Journalistin Kerri Ritchie ihr
Zusammentreffen mit dem Regierungschef. Sailele meinte gegenüber den
Medien, in seinem Heimatdorf würden mehrere Kinder vermisst. In den Palmen
"hingen die Leichen von Opfern". Noch am Abend kritisierte
Vizepremierminister Misa Telefoni, die Bevölkerung von Samoa sei nicht
gewarnt worden.
Andere Quellen dagegen meldeten, die Bewohner hätten etwa drei Minuten Zeit
gehabt, um sich nach dem Alarm in Sicherheit zu bringen. Das pazifische
Tsunami-Warnsystem in Hawaii löste einen Alarm aus, der selbst im 3.000
Kilometer entfernten Neuseeland zu Evakuierungen führte. Dort war die
Flutwelle nur noch 40 Zentimeter hoch. Laut Experten in Australien
besiegelte die Nähe Samoas zum Epizentrum am Mittwoch das Schicksal der
Inseln.
Es gebe schlicht Situationen, wo auch der schnellste Alarm zu spät komme,
so der Tenor der Wissenschaftler. Das pazifische Tsunami-Warnsystem
funktioniere zwar gut, es habe aber auch seine Grenzen, so Huilin Xing von
der australischen Universität Queensland. "Das Problem ist, dass es auch
falschen Alarm gibt. Denn nicht alle großen Erdbeben lösen einen Tsunami
aus."
Der Seismologe Gary Gibson vom Institut für Umweltsysteme in Melbourne
sagte, es komme in dem betroffenen Gebiet im Pazifik mehrmals pro Jahr zu
Erdbeben der Stärke 7. Ein Beben der Stärke 8 dagegen sei selten. "Es ist
das Ergebnis eines bis zu 300 Kilometer langen Bruchs in der Erde. Die
beiden Seiten des Risses bewegen sich zwischen vier und sieben Meter
auseinander."
Dies könne zu einem "zerstörerischen Tsunami" in der unmittelbaren Umgebung
führen. Dagegen seien weiter entfernte Länder im Pazifik nicht betroffen.
Laut Gibson haben die Bewohner der betroffenen Inseln die Erdstöße
mindestens eine Minute lang gespürt. Die sei ein sicheres Zeichen für das
Bevorstehen eines Tsunamis. "Jeder, der für mehr als zehn Sekunden ein
Erdbeben spürt, sollte mit einem Tsunami rechnen", so der Wissenschaftler.
"Auf diese Weise warnt uns die Natur."
Nur Stunden nach der Katastrophe begannen in vielen Ländern des Pazifiks
Hilfsaktionen. Laut einer Meldung des Weißen Hauses ordnete Barack Obama
die Entsendung von Rettungskräften nach Amerikanisch-Samoa an. Der für das
Gebiet zuständige Kongressabgeordnete Eni Faleomavaega kehrte sofort von
Washington nach Pago Pago zurück.
Die meisten Geschäfte in der Stadt lägen nur etwa 60 bis 90 Zentimeter über
dem Meeresspiegel, so der Abgeordnete. "Man kann sich vorstellen, was
geschieht, wenn eine fünf Meter hohe Flutwelle kommt." Der stellvertretende
neuseeländische Premierminister Bill English gab bekannt, dass er bereits
mehrere Maschinen der Luftwaffe ins Krisengebiet geschickt habe. Australien
stellt medizinisches Personal und Material zur Verfügung.
30 Sep 2009
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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