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# taz.de -- Zehn Milliarden Euro für die Spiele: Straßenköter beißt sich du…
> Rio de Janeiro entledigt sich seiner Komplexe und darf nach dem Votum des
> Internationalen Olympischen Komitees die Sommerspiele im Jahre 2016
> ausrichten.
Bild: An der Copacabana in Rio de Janeiro wird die Entscheidung des IOC mit Jub…
Wenn man auf dem Flughafen in São Paulo am Freitag einen missmutigen
Wachmann nach dem Sieger von Kopenhagen fragte, dann bekam man eine
korrekte Antwort: "Rio hats geschafft", sagte er mit finsterer Miene; "so
eine Geldverschwendung", erklärte der Wachmann dann, der Ricardo Perin
heißt.
Über zehn Milliarden Euro sollen die Spiele 2016 kosten. "Das Geld sollte
lieber in Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen gesteckt warden", findet Perin.
Von seinem 350-Euro-Lohn kann sich der junge Familienvater nicht einmal
Bausparkredite leisten.
An der Copacabana wurde derweil das Votum des IOC, die Sommerspiele 2016 an
die "Wunderbare Stadt" zu vergeben, mit großer Begeisterung aufgenommen. In
Radio und Fernsehen wurden immer wieder Ausschnitte von der Endrunde
gesendet, bei der Madrid, Tokio und Chicago der Zuckerhut-Metropole
unerwartet klar unterlegen waren. Nach zwei gescheiterten Bewerbungen hat
es jetzt geklappt. Es ist vor allem der Triumph eines Mannes: Luiz Inácio
Lula da Silva. "Es ist an der Zeit, dass das Olympische Feuer in einem
tropischen Land entzündet wird", hatte der Präsident in einer brillanten
Rede geworben.
Nach dem Sieg brach Lula in Tränen aus. "Da wir ein koloniales Land waren,
hatten wir uns angewöhnt, uns nichts zuzutrauen. Wir dachten, manche Dinge
könnten nur andere Länder schaffen." Vor vielen Jahrzehnten prägte der
Dramatiker Nelson Rodrigues dafür den Begriff Straßenköter-Komplex. Lulas
Politik der letzten sieben Jahre hat diese Haltung erschüttert. Gezielt hat
er die Position Brasiliens als regionale Führungsmacht ausgebaut und das
190-Millionen-Land als Akteur und Stimme des Südens auf der Weltbühne
platziert. Seiner konservativen Wirtschaftspolitik kam eine boomende
Weltkonjunktur zugute, sodass Millionen Brasilianer der Armut entkamen. Der
Westen schätzt diesen sozialdemokratischen Pragmatismus.
Starregisseur Fernando Meirelles, der die Bewerbung Rios mit Werbefilmen
unterstützt hatte, mahnt allerdings: "Viel wird von der Wachsamkeit der
Bürger abhängen." Man müsse den Politikern genau auf die Finger schauen,
ansonsten drohe wieder eine Geldverschwendung. Kaum jemand bezweifelt, dass
Rio in der Lage ist, heitere Spiele zu organisieren. Doch ähnlich wie bei
der Fußball-WM 2014 haben im Organisationskomitee korrupte
Funktionärsfürsten das Heft in der Hand.
Auch die Politiker Rios, mit denen sich Lula verbündet hat, sind kaum
vertrauenserweckender. Wirkt der Einsatz des Präsidenten für die Armen
authentisch, so war und ist das größte Hindernis für ein gerechteres
Brasilien der allgegenwärtige Politsumpf, in dem seit je dieselben Kräfte
den Ton angeben. Lula hat sich damit längst abgefunden. Auch deswegen ist
die Skepsis von Wachmann Ricardo berechtigt - Komplexe hin oder her.
5 Oct 2009
## AUTOREN
Gerhard Dilger
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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