# taz.de -- Draht der Atomwirtschaft zur Kanzlerin: Bei Anruf Laufzeitverlänge… | |
> Die Kontakte der Atomwirtschaft in die Spitze der Bundesregierung sind | |
> ausgezeichnet: die führenden Köpfe und ihre Verbindungen zur | |
> Bundeskanzlerin. | |
Bild: Der Haudegen unter den Energiemanagern: Jürgen Großmann. | |
Jürgen Großmann, 57, leitet das Essener Energieunternehmen RWE, das an drei | |
deutschen Atommeilern beteiligt ist: Biblis, Gundremmingen und Emsland. Der | |
2,03 Meter große Großmann studierte Eisenhüttenwesen und | |
Wirtschaftswissenschaften und gilt als der Haudegen unter den | |
Energiemanagern. | |
Vor der Wahl erklärte er via Bild: "Beim Thema Kernenergie können viele in | |
Deutschland nicht mehr klar denken. Ein Ausstieg hätte absurde Folgen für | |
uns: Deutschland bleibt nämlich ohne Kernkraftwerke trotzdem abhängig von | |
der Kernenergie, und zwar von der französischen und möglicherweise | |
tschechischen." Großmann ist mit allen im politischen Energiegeschäft | |
verbandelt; so duzt er den bisherigen Umweltminister Sigmar Gabriel und | |
spielt Skat mit Gerhard Schröder. Er erreicht die Kanzlerin auf dem Handy. | |
Besonders gern ruft er an, wenn Angela Merkel in einer Sitzung ist, um ein | |
Energiethema zu verhandeln. | |
Lars Göran Josefsson, 58, ist der Chef des staatlichen schwedischen | |
Energieriesen Vattenfall, der gemeinsam mit Eon die hiesigen Atommeiler | |
Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf betreibt. Der Schwede spricht fließend | |
Deutsch. Er gilt als still, offen, freundlich. Eigentlich wollte er Bauer | |
werden, studierte dann aber Ingenieurwissenschaft und ging dann in die | |
schwedische Rüstungsindustrie. Nach einer Serie von Störfällen in den | |
Atommeilern von Vattenfall geriet er unter Druck. Er beteuerte dabei stets, | |
wie sicher die Atomenergie sei, konnte aber eine ernsthafte Debatte um | |
seine Person verhindern. | |
Rund um die Wahl war nichts von ihm zu hören. Zur Kanzlerin hat er den | |
direkten Draht: Sie ernannte ihn zum Klimaberater. | |
Wulf Bernotat, 61, ist Chef des größten deutschen Energieversorgers, des | |
Düsseldorfer Eon-Konzerns, der AKWs wie Unterweser, Isar, Brokdorf, | |
Grafenrheinfeld und Grohnde betreibt. Der promovierte Jurist gilt als | |
nüchterner Redner. Seine Karriere begann er beim Ölkonzern Shell. | |
Spätestens im Mai kommenden Jahres wird er abdanken. | |
Kurz vor der Wahl sagte er der Bild-Zeitung: "Ich vermisse seit mehr als 20 | |
Jahren ein klares energiepolitisches Konzept für Deutschland. Die Kanzlerin | |
tritt mit Recht für einen breiten Mix und längere Laufzeiten für | |
Kernkraftwerke ein." Wenn Bernotat die Kanzlerin sprechen will, greift er | |
zum Handy. | |
Hans-Peter Villis, geboren 1958, leitet den baden-württembergischen | |
Energiekonzern EnBW. Zu EnBW gehören die Atomkraftwerke Philippsburg und | |
Neckarwestheim. Villis ist Diplom-Ökonom, Bergarbeitersohn und | |
Fußballspieler. Karriere machte er auch bei der Konkurrenz, genauer: bei | |
Eon. Er gilt als ruhig und sachlich. | |
EnBW sei bereit, bei einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke "unseren | |
Obulus beizutragen", sagte er kurz nach der Wahl der Stuttgarter Zeitung. | |
Er hat seinen Job seit Juli 2007, ist aber kaum öffentlich in Erscheinung | |
getreten und gilt darum noch immer als Newcomer. Ob seine Anrufe direkt zur | |
Bundeskanzlerin durchgestellt werden, ist nicht bekannt. | |
HANNA GERSMANN | |
6 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
Hanna Gersmann | |
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Ampel-Koalition | |
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