# taz.de -- Rechte Partei in der Krise: Der langsame Tod der DVU | |
> Nach ihrer Wahlschlappe droht der rechtsextremen DVU der Finanzkollaps | |
> und ein Mitgliederexodus zur NPD. Experten und DVU-Kader geben der Partei | |
> nur wenige Chancen. | |
Bild: Das waren noch goldene DVU-Zeiten: Die Parteivorsitzenden Udo Voigt (NPD,… | |
BERLIN taz | Nach dem Debakel der DVU zur Bundestagswahl und Brandenburger | |
Landtagswahl zeigt die rechtsextreme Partei erste Auflösungserscheinungen. | |
In mehreren Bundesländern versucht die NPD offen DVU-Mitglieder abzuwerben, | |
erste Übertritte erfolgten bereits. Auch finanziell liegt die DVU am Boden. | |
Laut Verfassungsschutz und Experten gilt das Aus der Partei als sicher. | |
Noch am Wahlabend trat in Brandenburg der Vize-Bundeschef der | |
DVU-Jugendorganisation und einzige DVU-Abgeordnete im Potsdamer | |
Stadtparlament, Marcel Guse, zur NPD über. Weitere "Kameraden" werden | |
seinem Beispiel folgen, sagte Guse der taz. "Die NPD ist die Zukunft, die | |
DVU nur noch ein zweite CSU." Guse folgte damit einer Offerte des | |
NPD-Präsidiums, das am Wahlabend DVU- und REP-Mitglieder aufforderte, "sich | |
der einzigen ernstzunehmenden nationalen Kraft anzuschließen". | |
Laut NPD-Sprecher Klaus Beier wird es am Wochenende ein Treffen mit | |
weiteren "abwanderungswillen" DVU'lern in Brandenburg geben. Er gehe davon | |
aus, dass demnächst rund 30 bis 40 märkische DVU-Mitglieder in seine Partei | |
eintreten werden. Bundesweit rechnet Beier mit einer "satten dreistelligen | |
Zahl". | |
Für den Brandenburger Verfassungsschutz sind die geplanten Abwanderungen | |
ein Zeichen für das parteipolitische Ende der DVU: "Der Aderlass hat bei | |
der DVU bereits voll eingesetzt." Auch der Rechtsextremismusforscher Hajo | |
Funke sieht die DVU vor dem Aus. Die Übertritte zur NPD seien "nicht | |
überraschend". Die DVU habe keine lokale Verankerung und zuletzt außer in | |
Brandenburg keine Wahlkämpfe mehr geführt. | |
"Das Projekt DVU ist tot", sagt auch Rechtsextremismusexperte Fabian | |
Virchow. Mit der verpatzten Wahl in Brandenburg hätte die DVU ihre letzte | |
Chance verspielt, sich im rechtsextremen Parteienspektrum zu behaupten. Die | |
NPD sei dagegen heterogen genug, um auch für moderatere DVU'ler einen Platz | |
zu bieten. | |
0,1 Prozent der Stimmen hatte die DVU zur Bundestagswahl erhalten. In | |
Brandenburg flog sie mit 1,2 Prozent aus dem Parlament - in dem sie seit | |
1999 gesessen hatte. Damit ist die DVU in keinem Landtag mehr vertreten. | |
"Eine schwere Niederlage", räumte DVU-Bundeschef Matthias Faust ein. Von | |
einer "absoluten Existenzkrise" spricht Parteisprecher Andreas Molau. | |
Denn das Aus droht auch finanziell: Seitdem sich zu Jahresbeginn | |
Parteipatriarch und Finanzier Gerhard Frey aus der Partei zurückzog, sucht | |
die DVU händeringend neue Geldgeber. Mit den miesen Wahlergebnissen fällt | |
nun auch die staatliche Wahlkampfkostenerstattung spärlich aus. Die | |
Finanzlage sei "absolut kritisch", gesteht Molau. | |
Der DVU-Sprecher bestätigt auch das Abwerbetreffen der NPD in Brandenburg. | |
Auch in Niedersachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz buhle die NPD intensiv um | |
DVU-Mitglieder, so Molau. So wechselte Ende September der bayrische | |
DVU-Vize Walter Baur mitsamt seines Augsburger Kreisverbandes zur NPD. Die | |
Abwerbeversuche seien eine "ernstzunehmende Gefahr", so Molau. | |
DVU-Chef Faust versucht sich dagegen in Durchhalteparolen. Die "deutsche | |
Rechte" habe ganz andere, schwere Krisen überstanden. "Ich sehe nicht, dass | |
die DVU-Basis mutlos wird." Nun gelte es umso stärker den | |
Modernisierungskurs der Partei durchzusetzen. Bereits seit Monaten | |
propagiert die DVU-Führung einen gemäßigten Rechtspopulismus und sucht | |
Kontakt zu Gruppen wie "Pro Köln". In Brandenburg zeigte sich allerdings, | |
dass dieser Kurs in der Basis nicht mitgetragen wird: Hier wahlkämpfte die | |
DVU wie eh und je mit alten "Deutsch wählen"- und "Denkzettel"-Slogans. | |
Virchow sieht für eine Modernisierung der DVU keine Chance. "Dafür fehlen | |
ihr sowohl das Personal, als auch die Ressourcen." Dass ein Verschwinden | |
der DVU die NPD merklich stärken werde, glauben weder Virchow noch Funke. | |
"Dafür ist die DVU zu schwach", so Funke. "Viele Mitglieder sind nur | |
Parteileichen." Wohl aber könnte es zu einer Stärkung des | |
außerparlamentarischen, gewaltbereiten Rechtsextremismus kommen, der der | |
radikaleren NPD nahestehe. | |
Selbst in der DVU-Führung scheint man nicht mehr recht an die Zukunft der | |
Partei zu glauben. Momentan stünde es 30 zu 70 Prozent, so Parteisprecher | |
Molau. "70 dafür, dass es schwierig wird." | |
7 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
K. Litschko | |
## TAGS | |
Nachruf | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ex-DVU-Parteichef: Gerhard Frey ist tot | |
Der rechtsextreme Verleger und jahrzehntelange Vorsitzende der Deutschen | |
Volks-Union ist tot. Gerhard Frey starb am Dienstag 80-jährig in München. |