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# taz.de -- Kommentar Koalition und Neonazis: Morden leicht gemacht
> Schwarz-Gelb tut so, als handele es sich bei Linksextremismus, Islamismus
> und Neo-Nazismus nur um Spielarten einer Sache. Eine groteske
> Realitätsverweigerung.
Bild: Rechtsextreme am vergangenen Wochenende in Leipzig.
Erst kürzlich erhöhte die alte Bundesregierung die Zahl der Todesopfer
rechter Gewalt seit 1990 offiziell um 5 auf 46. Nichtstaatliche Beobachter
gehen von mehr als 130 Menschen aus, die in diesem Zeitraum von selbst
ernannten Herrenmenschen verbrannt, erstochen oder zu Tode getreten wurden.
Jährlich verletzen rechte Schläger rund 1.000 Personen. Der Terror richtet
sich zumeist gegen Schwächere ohne Lobby: Obdachlose, Punks, Schwarze oder
andere Minderheiten. Werden Politiker oder Polizisten angegriffen, gibt es
bisweilen größeres Aufsehen. Ansonsten gehören Hassverbrechen zur
Normalität der Berliner Republik.
Seltsam: Denn in den vergangenen Monaten haben Ermittler ganze Waffendepots
bei Neonazis ausgehoben, bei einem Funktionär der NPD-Jugendorganisation
fanden sie Chemikalien, die denen der Sauerlandgruppe ähnlich sein sollen.
Und in Berlin marschierten fast 1.000 Neonazis unter der Parole "Vom
Widerstand zum nationalen Angriff" durch die Stadt, verlasen Namen und
Adressen von Linken, skandierten dazu: "Wir kriegen euch alle!" Die Polizei
schaute zu. Die NPD setzt derweil ihren systematischen Aufbau fort: Über
mehr als 300 Kommunalmandate verfügt sie mittlerweile, in Teilen
Ostdeutschlands wird sie als normale Partei wahrgenommen.
Dies ist auch ein Ergebnis der Gleichsetzung von links und rechts. In
Sachsen werden die Konsequenzen daraus besonders deutlich: Erstmals gelang
es einer offen neonazistischen Partei, in einen Landtag einzuziehen und
fünf Jahre später diesen Erfolg zu wiederholen. Die Öffentlichkeit
debattiert unterdessen, wie viel Substanz in den rassistischen Aussagen von
Bundesbanker Sarrazin steckt; Unionspolitiker bedienen sich dumpfesten
Populismus, indem sie das Thema "integrationsunwillige Ausländer"
verantwortungslos überzeichnen.
Und nun soll das Treiben der Neonazis, geht es nach den Plänen der
schwarz-gelben Koalition, offiziell erleichtert werden. Die Ausweitung der
Aufgaben des Fonds für Opfer rechtsextremer Gewalt bedeutet, die Toten und
Verletzten zu ignorieren. Diese Realitätsverweigerung könnte zu grotesken
Situationen führen, wenn in der Sächsischen Schweiz Bekämpfungsprogramme
gegen Linksextremismus und Islamismus aufgelegt werden. Den Neonazis wird
es gefallen: Ihr menschenfeindliches Treiben wird relativiert und
verharmlost.
22 Oct 2009
## AUTOREN
Patrick Gensing
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Die Koalition will das bisherige Programm gegen Rechtsradikalismus auch zum
Kampf gegen Linke und Islamisten nutzen. Aktivisten gegen rechts sind
entsetzt.
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