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# taz.de -- Klimaforscher über Kopenhagen-Gipfel: "Wir bekommen ein Abkommen"
> Der indische Klimawissenschaftler Pachauri ist zuversichtlich, dass bei
> den Verhandlungen in Kopenhagen ein umfassendes Abkommen erreicht wird.
> Er hofft auf ein starkes US-Engagement.
Bild: Offshore-Windpark "Scroby Sands" vor der britischen Nordseeküste.
taz: Herr Pachauri, teilen Sie den wachsenden Pessimismus, dass ein
umfassendes Abkommen bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen
unwahrscheinlich ist, zumal die USA bis dahin kein Klimagesetz
verabschieden werden?
Rajendra Pachauri: Nein, ich glaube, wir werden ein Abkommen bekommen.
Warum?
Erstens ist das Bewusstsein über den Klimawandel auf der ganzen Welt sehr
groß und sorgt für Dynamik. Zweitens sieht jeder Führer die Notwendigkeit
zu handeln, so dass wenn die Unterhändler ihre Instruktionen bekommen,
dabei ein für alle akzeptabler Kompromiss herauskommen wird. Sehen Sie sich
Japans neue Regierung an. Die hat sich ambitionierte Ziele von 25 Prozent
Emissionsreduzierung bis 2020 gesetzt. Selbst in den USA liegt jetzt dem
Senat ein Gesetz vor. Auch wenn es schwierig aussieht, gibt es die Chance,
dass es durchkommt. Zeigen die USA starkes Engagement, ist dies die Basis
für ein Abkommen.
Die EU erkennt jetzt zwar an, dass Entwicklungsländer jährlich 100
Milliarden Euro für den Umgang mit dem Klimawandel benötigen, doch
verspricht sie selbst keine Summen.
Die EU muss sich noch nicht festlegen. Der britische Premier Gordon Brown
schlug schon vor zwei Monaten einen Fonds von 200 Milliarden Dollar pro
Jahr vor. Ich verstehe, dass man in der gegenwärtigen Wirtschaftslage für
solche Vorschläge kaum Unterstützung bekommt. Aber ich bin sicher, die
Mittel werden kommen, wenn die Lage sich bessert.
Indiens Umweltminister Jairam Ramesh sagte, man solle von Kopenhagen keinen
großen Wurf erwarten, sondern sich lieber nur auf die Finanzierung von
Anpassungsmaßnahmen für Entwicklungsländer, auf Technologietransfer und auf
den Waldschutz einigen.
Das gehört zur Rhetorik vor Verhandlungen, zum Teil mit Blick auf das
heimische Publikum. Ich würde solche Äußerungen nicht auf die Goldwaage
legen.
Ein der "Times of India" zugespielter Brief von Umweltminister Ramesh
schlägt Indiens Regierung vor, vom Kyoto-Protokoll und von der Gruppe der
Entwicklungsländer (G 77) abzurücken und einseitige
Reduktionsverpflichtungen ohne die bisher geforderten verbindlichen Zusagen
der Industrieländer für Finanzhilfen und Technologietransfer einzugehen.
Was halten Sie davon?
Entscheidend ist nicht, wie das Kyoto-Protokoll genannt wird, es könnte
auch Timbuktu-Protokoll heißen. Doch jedes Protokoll sollte auf den
Prinzipien von Kyoto aufbauen. Die können wir nicht verlassen. Darauf kommt
es an.
Minister Ramesh forderte einseitige Verpflichtungen Indiens, weil diese im
Interesse der Bevölkerung seien und nicht, weil andere dies forderten.
Wir sollten das machen, von dem wir meinen, dass es für uns und die Welt
gut ist. Und als Demokratie sollten wir in Indien das machen, was die
Bevölkerung will. Es ist richtig, dass nationale Gründe viel stärker sind
als internationaler Druck. Auch haben wir so etwas wie Ziele in unserem
nationalen Klimaaktionsplan.
Indiens Plan ist sehr vage.
Wir sind auf dem Weg zu konkreten Zielen, etwa für Solarenergie eine
Kapazität von 20.000 Megawatt im Jahr 2020. Wir arbeiten an Zahlen, die zu
verbindlichen Zielen werden, in dem unser Parlament sie als Gesetz
beschließt.
Und wenn Indien seine eigenen Gesetze nicht einhält?
Dann werden wir viel Kritik ernten, für die wir sensibel sein müssen.
Keine weiteren Konquenzen?
Nein, denn schließlich macht Indien das freiwillig. Indien hat das Problem
des Klimawandels nicht verursacht, sondern handelt, weil es Teil der
internationalen Gemeinschaft ist und solidarisch zu einer Lösung beitragen
will.
Indien hat ein Klimabkommen mit China unterzeichnet, in dem sich beide
gegenseitig ihrer bisherigen Verhandlungsposition versichern. Ist das für
Indien sinnvoll, wo China wegen seiner viel höheren Emissionen doch viel
stärker zum Klimawandel beiträgt?
Indien und China koordinieren ihre Positionen auf Grundlage der Position
der Entwicklungsländer. Weder Indien oder China werden diese Position bald
verlassen. Das Abkommen betont eher, was schon Politik war, als dass es
etwas neues wäre.
China präsentiert sich in der Klimadebatte flexibler und konstruktiver als
Indien. Ihr Umweltminister hat Indiens Imageproblem kürzlich erkannt und
betont, Delhi werde nicht der Verhinderer eines Abkommens sein, sondern
sein Macher. Was halten Sie davon?
Indiens Emissionen sind viel niedriger als Chinas, selbst Pro-Kopf betragen
sie nur ein Viertel. Deshalb ist Indien nicht in der gleichen Liga wie
China. Indien unternimmt sehr viel bei erneuerbaren Energien und der
Energieeffizienz. Deshalb muss sich die Wahrnehmung Indiens ändern.
4 Nov 2009
## AUTOREN
Sven Hansen
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