Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zehntausende vom Staat entführt: Chinas geheime Verliese
> Chinesische Behörden sperren Bittsteller in provisorische Gefängnisse,
> damit sie sich nicht bei höheren Stellen beschweren können. Dort werden
> sie misshandelt, berichtet Human Rights Watch.
Bild: Verschwunden im Häuserblock: Ehemaliges illegales Gefängnis in Beijing,…
HONGKONG taz | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch klagt in
einem am Donnerstag in Hongkong [1][veröffentlichen Bericht] die Praxis
chinesischer Lokal- und Provinzbehörden an, lästige Bittsteller in so
genannten "schwarzen" Gefängnissen einzusperren. Damit solle verhindert
werden, dass diese Menschen sich bei höheren Regierungsstellen beschweren.
Denn die Petitionen, mit denen gegen empfundenes Unrecht protestiert wird,
können die Karrierechancen betroffener Kader beeinträchtigen.
Der Bericht "Ein Gang durch die Hölle" listet Beispiele von Bittstellern
auf, die von Beamten oder ihren Handlangern entführt und über Wochen bis
Monate in Hotels, Heimen, psychiatrischen Anstalten oder Privathäusern
eingesperrt wurden.
Dabei kommt es laut der Menschenrechtsorganisation, die ihren Bericht auf
Interviews mit 38 Opfern stützt, zu Misshandlungen. Opfer würden bedroht,
erpresst und bestohlen. Ihnen würde medizinische Versorgung wie
ausreichende Ernährung vorenthalten. Manchmal müssten sie sogar für ihre
Freilassung zahlen, die nur nach dem schriftlichen Versprechen erfolge,
keine Petitionen mehr einzureichen.
Die meisten der oft temporären und unhygienischen "schwarzen" Gefängnisse,
die für ihre Betreiber eine lukrative Einkommensquelle seien, sind in
Provinzhauptstädten und in Peking. Pro Jahr würden so etwa zehntausend
Menschen eingesperrt, zitiert Human Rights Watch die Schätzung eines
ungenannten chinesischen Juristen. In Peking soll es demnach 10 bis 50
"schwarze" Gefängnisse geben.
"Die Existenz von schwarzen Gefängnissen im Zentrum von Peking spottet der
Rhetorik der chinesischen Regierung von der Verbesserung der Menschenrechte
und der Herrschaft des Rechts," sagte die Asiendirektorin von Human Rights
Watch, Sophie Richardson, bei der Vorstellung des Berichts.
Zwar gehe die Initiative zum Einsperren der Bittsteller von den Behörden in
den Provinzen aus, doch Pekings Justiz und Polizei deckten diese
widerrechtliche Praxis. "China hat Gesetze, die Festnahmen und
Inhaftierungen regeln, aber die Regierung ignoriert diese im Fall der
schwarzen Gefängnisse und ihrer Insassen", so Richardson.
Laut Human Rights Watch gibt es diese Verliese, in denen die Reise so
vieler Bittsteller endet, seit Juni 2003. Die Praxis ist allerdings nicht
neu, denn bis dahin konnten Behörden ihnen unliebsame Personen ganz legal
willkürlich festnehmen.
Nach einem Todesfall wurden die Gesetze geändert, was die
Menschrechtsorganisation ausdrücklich lobt. Seitdem hätte sich jedoch die
Praxis der "schwarzen" Gefängnisse entwickelt, gefördert durch die neue
Praxis, Beamte mit Petitionen abzustrafen.
Das aus der Kaiserzeit stammende Petitionsrecht ist für viele Chinesen
besonders auf dem Land der einzige Weg, sich gegen die Behörden zu wehren.
Stoßen sie dabei auf taube Ohren, wenden sich die Bittsteller an die nächst
höhere Ebene. So halten sich immer hunderte Bürger aus den Provinzen in
Peking auf, die dort beim zentralen Petitionsbüro Eingaben machen wollen.
Um Petitionen zu verhindern – landesweit etwa zehn Millionen pro Jahr –
werden die Bittsteller oft an den Bahnhöfen von Beamten ihrer Heimatprovinz
abgefangen und nach Hause geschickt oder widerrechtlich eingesperrt. "Die
schwarzen Gefängnisse symbolisieren das Versagen des Petitionssystems", so
das Fazit des Berichts.
Chinas Regierung bestreitet die Existenz "schwarzer" Gefängnisse, über die
selbst chinesische Medien schon vereinzelt berichteten. So berichteten die
China Daily vergangene Woche von einem Prozess, in dem ein Wächter eines
solchen Geheimgefängnisses beschuldigt wird, eine 20jährige vergewaltigt zu
haben.
Im April sagte die Außenamtssprecherin auf die Frage einer Korrespondentin
von Al Dschasira: "Solche Dinge existieren in China nicht." Zuvor hatte die
Journalistin solche widerrechtlichen [2][Haftzentren gefilmt].
Die [3][ausführlichste Dokumentation] gelang im September 2007 einem
Filmteam des britischen Channel 4. Im Stil des US-Dokumentarfilmers Michael
Moore überrumpelte es mit laufender Kamera die Wächter eines "schwarzen"
Gefängnisses, die sich der journalistischen Dreistigkeit zunächst kaum zu
erwehren wussten. Später wurden die Journalisten über Stunden festgehalten,
konnten ihr Filmmaterial aber sichern.
Am Dienstag veröffentlichte Chinas Justizministerium laut der amtlichen
Nachrichtenagentur Xinhua einen Gesetzentwurf, der Häftlinge besser vor
Missbrauch schützen soll, also die Insassen regulärer Haftanstalten. Sollte
dieser an sich positive Schritt erfolgen, könnte er jedoch die Existenz
"schwarzer" Gefängnisse fördern, wenn die Regierung weiter nichts gegen
diese unternimmt.
12 Nov 2009
## LINKS
[1] http://www.hrw.org/en/node/86423
[2] http://www.youtube.com/watch?v=NsN4-A1G5zc
[3] http://www.veoh.com/browse/videos/category/news/watch/v1357069DKZqmaty
## AUTOREN
Sven Hansen
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.