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# taz.de -- Heimkinder in Australien: Sorry bei den "Vergessenen"
> Nach einer Untersuchung des australischen Senats hat sich Premierminister
> Kevin Rudd bei den zwangseingewiesenen Heimkindern für das jahrelange
> Leid entschuldigt.
Bild: Premierminister Rudd entschuldigte sich bei den ehemaligen Heimkindern, d…
CANBERRA taz | "Wir wurden als Strafe in die Kälte gestellt, mussten unser
eigenes Erbrochenes vom Boden lecken, unseren eigenen Kot", sagt Leonie
Sheedie, Sprecherin einer Organisation, die hunderte so genannter
"Vergessener Australier" vertritt. Sheedie war eines von mindestens 500.000
Kindern, die im letzten Jahrhundert von ihren Eltern getrennt und in
Waisenheime gesteckt wurden.
Es waren Kinder von Eltern mit sozialen Problemen, von Vätern, die nach dem
Zweiten Weltkrieg dem Alkohol verfielen. Aber auch 6.000 bis 30.000 Kinder,
die von Großbritannien und Malta nach Australien deportiert wurden und
alleinstehenden Müttern oder armen Familien weggenommen worden waren. Sie
sollten nach dem Willen der britischen Regierung in Australien zum Aufbau
einer "soliden weißen Gesellschaft" beitragen und es zu einem Außenposten
des britischen Reichs machen.
Statt einer neuen Heimat erwartete die Kinder oft seelischer, körperlicher
und sexueller Missbrauch in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen.
Vernachlässigung und Erniedrigungen waren die Norm, schlussfolgerte eine
Untersuchung des australischen Senats.
"Wir sind zusammengekommen, um die Entschuldigung unserer Nation
anzubieten, um ihnen, den ,vergessenen Australiern', und denen, die als
Kinder ohne ihre Zustimmung zu unseren Ufern geschickt wurden, zu sagen,
dass es uns Leid tut", sagte Premierminister Kevin Rudd am Montag vor rund
1.000 Überlebenden in Canberra. Die Stimmung im Parlamentsgebäude war rau
und emotional. Männer, inzwischen sechzig, siebzig Jahre alt, waren in
Tränen aufgelöst.
Es gab stehende Ovationen, als Rudd den Opfern zwar keine Entschädigung in
Aussicht stellte, aber staatliche Unterstützung. Zu lange hatten die
Überlebenden der vom Staat akzeptierten oder zumindest tolerierten
Verbrechen auf eine offizielle Anerkennung ihres Leids warten müssen. Für
viele kam das "Sorry" zu spät. Hunderte Betroffene hätten sich das Leben
genommen, weil sie mit den Erinnerungen nicht zurecht kämen, so Sheedie.
Der Premier hatte sich bereits im letzten Jahr in einer weltweit beachteten
Geste bei den australischen Ureinwohnern für eine ähnliche Politik
entschuldigt. Tausende Aborigines-Kinder waren bis 1972 oft gewaltsam ihren
Eltern entrissen worden mit dem Ziel, sie in die weiße Gesellschaft zu
integrieren. Am Wochenende hatte der britische Premierminister Gordon Brown
angekündigt, dem Beispiel Australiens folgen und sich Anfang 2010 für die
frühere Politik der Deportation von Kindern nach Australien, Südafrika und
Kanada entschuldigen zu wollen.
16 Nov 2009
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Australien
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