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# taz.de -- Uni-Streik: Bildungsprotest in Winterstarre
> Statt der Studierenden gingen gestern Schüler auf die Straße - in
> Solidarität mit dem komplett ausgefallenen Uni-Streik. Nur an der
> Hochschule wurde noch etwas protestiert
Bild: SchülerInnen protestieren für studierende Studierende
"Bei den Banken seid Ihr fix, für die Bildung tut Ihr nix": Es waren
SchülerInnen, die gestern als Einzige den bundesweit anschwellenden
Bildungsprotest auf die Straße trugen. Etwa 80 von ihnen versammelten sich
am Nachmittag am Brill zu einer Solidaritätskundgebung mit den
Uni-Protesten. Aufgerufen hatte die Gesamtschülervertretung, Studierende
kamen so gut wie keine.
"Europaweit sind 30 Unis besetzt", sagte eine Rednerin. "Und nur wenn wir
alle zusammen kämpfen, können wir Veränderungen erreichen." Sie verteilten
ein Flugblatt, in dem eine frühe Selektion im durch das "2-Säulen-Modell",
gestresste Lehrer und marode Ausstattung kritisiert wurden. Am 17. Januar
wollen die Schüler deshalb streiken.
Am Vormittag waren Aktivisten der "Initiative Bedingungsloses
Grundeinkommen" zur Uni gekommen. Auch sie wollten sich mit dem Streik
solidarisieren und verteilten auf dem Boulevard goldene Papp-Kronen an
Studierende, um für ihre Idee einer umfassenden Absicherung für alle
Menschen zu werben.
Doch die Initiativen der Schüler und der Grundeinkommens-Aktivisten liefen
etwas ins Leere: An der Universität blieb alles vollkommen ruhig. Kein
Streik, keine Aktion, nicht einmal Aufrufe wurden verteilt, sich den
SchülerInnen anzuschließen. Noch im Juni hatten sich einige Tausend
SchülerInnen und Studierende in Bremen am letzten "Bildungsstreiktag"
beteiligt.
Dass es diesmal ganz anders laufen würde - damit hatten nicht alle
gerechnet. Vor einigen Tagen erst hatte die Universitätsleitung
Sicherheitsmaßnahmen am Verwaltungsgebäude verstärkt. Die
Hochschulrektorenkonferenz hatte in einem Schreiben gewarnt, weil in immer
mehr Städten Hörsäle besetzt wurden. Doch in Bremen passte der Wachschutz
umsonst auf.
Wer nach der Ursache für die ausbleibende Renitenz fragt, hört beim AStA
stets die gleiche Klage: Die Einführung des Bachelor/Master-Systems - Teil
des so genannten Bologna-Prozesses - habe die Anforderungen an die
Studierenden derart hochgeschraubt, dass sich kaum noch eine Protestkultur
entwickeln könne. Um schnelle Abschlüsse zu erzwingen, würge die
Bildungspolitik jeden Freiraum ab, sagte ein AStA-Sprecher. Diese These der
drastisch gestiegenen Belastung teilen auch Mitarbeiter der
Psychologisch-Therapeutischen Beratungsstelle (taz vom 10.10.).
An der Hochschule konnte der dortige AStA dennoch einen kleinen
Mobilisierungserfolg vorweisen. Um "gegen die Verwirtschaftlichung des
gesamten Bildungssystems" zu protestieren, bastelten die HochschülerInnen
Puppen. Sie sollten die Studierenden symbolisieren, die wegen zu hoher
Studien-Anforderungen keine Zeit mehr haben, selbst demonstrieren zu gehen.
Nach einer Kundgebung wurden die Puppen auf dem Hochschulgelände
aufgestellt. "Mit dieser Hals-Über-Kopf-Aktion ist uns ein guter Anfang
gelungen", sagte Hannah Lüdeker, AStA-Referentin für Politik und
Gesellschaft. Ihr gehe es nicht nur um die Privatisierung der
Bildungslandschaft: "Der Staat zieht sich aus allen sozialen Bereichen
zurück und macht Platz für die Wettbewerbsideologie des Kapitalismus", sagt
Lüdeker. Genau dies kennzeichne auch den derzeit ablaufenden
"Bologna-Prozess" im Hochschulsystem.
17 Nov 2009
## AUTOREN
Christian Jakob
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