# taz.de -- Kommentar Franz Josef Jung: Verwirren, täuschen - und abtreten! | |
> Im Fall des Bundeswehr-Angriffs in Afghanistan liegt die Vermutung nahe, | |
> es könnten noch andere als der Staatssekretär damit befasst gewesen sein, | |
> die Öffentlichkeit bis zur Wahl ruhigzustellen. | |
Das vom Verteidigungsministerium zu verantwortende Kommunikationsdesaster | |
nach den Luftangriffen in Kundus wächst und wächst: Sollte sich | |
herausstellen, dass der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung | |
schon seit dem 4. September von dem Bericht über zivile Opfer wusste, den | |
seine eigene Militärpolizei für ihn erstellt hatte, muss er auch als | |
Arbeitsminister zurücktreten. Denn dann wäre er schlicht ein Lügner. Und | |
sollte ihm dies nicht nachzuweisen sein - es wäre noch lange kein Grund, | |
Jung im Amt zu halten. | |
Denn der Rauswurf des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan und des | |
Staatssekretärs Peter Wichert durch den neuen Minister Guttenberg darf als | |
Hinweis darauf gelesen werden, wer von dem Feldjägerbericht wusste. Dies | |
aber bedeutet, dass Jung die Sorte Minister ist, die man zur Verkündung | |
beruhigender Lügen erst mal nach vorne schickt, während andere sich im | |
Hintergrund ans Werk der nachhaltigen Vertuschung machen. Solch ein | |
Politiker erweckt auch als Chef des Arbeitsministeriums kein Vertrauen. | |
Naheliegend ist dabei die Vermutung, es könnten noch andere Instanzen als | |
der treue, unbekannte Staatssekretär mit der Planung befasst gewesen sein, | |
wie die Öffentlichkeit bis zur Bundestagswahl ruhigzustellen wäre. Ein | |
Austausch des als Statthalter Roland Kochs offenbar unverzichtbaren Jung | |
gegen einen noch unbescholtenen Minister würde nach der Abstimmung dann | |
schon die Verantwortlichkeiten verwirren und Handlungsfähigkeit bewahren | |
helfen - so das unterstellbare Kalkül. | |
Es darf nicht aufgehen. Der Luftangriff auf zwei Tanklaster in Kundus hat | |
bis zu 142 Todesopfer gefordert, darunter wohl vierzig Zivilisten. Der | |
Versuch der Bundeswehrführung und der meisten Verteidigungspolitiker, | |
diesen Angriff zu rechtfertigen, wurde schon vom ersten Tag an durch | |
oberste US-Militärs, aber auch durch afghanische Quellen unglaubwürdig | |
gemacht. | |
Auf deutscher Seite hat dies zu nationalistischen Abwehrreflexen geführt | |
und nicht etwa zur Einsicht, die Bundeswehr könnte eventuell überfordert | |
sein. Diese Schlussfolgerung muss der jetzt verantwortliche Minister für | |
die aktuelle Verlängerung und die indirekt schon angekündigte Aufstockung | |
des Afghanistan-Mandats ziehen. Jung dagegen war der Minister der | |
Überforderung - in jeder Hinsicht. | |
26 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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