# taz.de -- Seltsame IM-Dichte: Stasi unterhöhlt Rot-Rot | |
> Platzecks Koalition ist angeschlagen: Schon wieder müssen Abgeordnete der | |
> Linken zugeben, Stasi-Kontakte verschwiegen zu haben. Inzwischen sind 6 | |
> von 26 Abgeordneten vorbelastet. | |
Bild: In Erklärungsnöten: Kerstin Kaiser und Matthias Platzeck. | |
BERLIN taz | Die Linkspartei in Brandenburg versinkt in Stasi-Affären, die | |
rot-rote Regierung ist in Not. Erst wurde der linke Abgeordnete | |
Gerd-Rüdiger Hofmann als IM geoutet. Am Montag gab die | |
Linkspartei-Abgeordnete Renate Adolph ihr Mandat zurück. Sie hat für die | |
Auslandsabteilung der Stasi gearbeitet, Details sind nicht bekannt. | |
Gerlinde Stobrawa, über deren mutmaßliche IM-Tätigkeit die Birthler-Behörde | |
kürzlich Akten veröffentlich hatte, trat als Vizepräsidentin des Landtags | |
zurück. Der Verzicht auf das Amt sei aber kein Schuldeingeständnis. | |
Stobrawa bestreitet, wissentlich als IM gearbeitet zu haben. Ihr Mandat als | |
Abgeordnete will sie bis zur Stasi-Überprüfung aller Landtagsabgeordneten | |
behalten. | |
Der Fraktionsvize der Linkspartei in Potsdam, Stefan Ludwig, erklärt zwar, | |
dass er "nicht mit mehr Fällen rechnet". Aber sicher ist nichts. Die | |
IM-Dichte in der Brandenburger Linksparteifraktion ist auffällig. Die | |
Fraktionschefin Kerstin Kaiser und die Abgeordneten Hans-Jürgen | |
Scharfenberg und Axel Hanschke hatten ihre Stasi-Kontakte publik gemacht. | |
Mit Hoffmann, Adolph und womöglich Stobrawa sind nun drei hinzugekommen. | |
Damit sind 6 von 26 linken Abgeordneten Stasi-belastet. | |
Die drei neuen Fälle sind eine böse Überraschung vor allem für | |
Ministerpräsident Matthias Platzeck, der das rot-rote Bündnis jüngst | |
vollmundig zum Symbol der Versöhnung von Täter und Opfern erklärte. Doch | |
Versöhnung kann es nur geben, wenn die Tatsachen bekannt sind. | |
Entsprechend irritiert ist die SPD in Potsdam. Platzeck findet die Lage | |
"ausgesprochen schmerzlich". Am Freitag wird er sich im Landtag bei einer | |
von der Opposition erzwungenen Sondersitzung erklären. Was Platzeck bisher | |
gesagt hat, so die Kritik des grünen Fraktionschefs Axel Vogel, war | |
"dürftig". Platzeck müsse die Kriterien für Abgeordnete klipp und klar | |
machen. | |
Die ganze Debatte sei, so Vogel zur taz, ja nur ins Rollen gekommen, weil | |
die Grünen die Stasi-Überprüfung aller Abgeordneten initiiert hätten. | |
Schuld an der Situation sei die Regierungszeit von Manfred Stolpe und | |
Peter-Michael Diestel, die in den 90er-Jahren Stasi-Aufklärung gebremst | |
hätten. Die FDP fordert sogar forsch Neuwahlen, was Vogel "für Quatsch" | |
hält. | |
Von der ernsthaften Gefahr, dass Rot-Rot zerbricht, will bei der SPD | |
derzeit niemand reden. SPD und Linkspartei waren am Dienstag sichtlich | |
bemüht, freundlich zueinander zu sein. Der SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke | |
sagte: "Wir können der Führung der Linkspartei keine Versäumnisse, | |
geschweige denn Vertuschungen vorwerfen." | |
Schuld seien "einzelne Abgeordnete", die die Öffentlichkeit über ihre Vita | |
getäuscht haben. Die Fraktionschefin der Linkspartei, Kerstin Kaiser, gab | |
sich selbstkritisch. "Ich kann verstehen, dass sich die SPD getäuscht | |
sieht", sagte sie. Und: "Den Schaden haben wir angerichtet." | |
Aber warum? Wer für die Partei kandidiert, hat "die Pflicht, seine | |
Tätigkeit für das MfS offenzulegen". Das hat die PDS 1991 beschlossen, 1993 | |
und 2006 variiert wiederholt. Genutzt hat es nicht viel. Bodo Ramelow, | |
Linksparteichef in Thüringen, hält die Krise für ein Versäumnis der | |
gesamten Partei. "Die Partei", so Ramelow zur taz, hätte 2004 nach dem Fall | |
Porsch in Dresden, "eine offensive Debatte" führen und "den Beschluss von | |
1991 wirklich erneuern müssen". Weil das ausblieb, "sind wir nun so | |
anfällig". | |
Und nun? Wenn die Faktenlage bleibt, wie sie ist, wird Rot-Rot die Krise | |
überstehen. Ein Mitarbeiter der Linksfraktion in Potsdam fürchtet | |
allerdings: "Wenn man denkt, es ist vorbei, kommt noch ein Fall." Und dann | |
wird es ernst für Rot-Rot. | |
Auf [1][www.taz.de] vom 01.12.2009 beschäftigte sich ein Artikel unter der | |
Überschrift "Stasi unterhöhlt Rot-Rot" mit der Stasi-Debatte im | |
Brandenburger Landtag. In diesem Zusammenhang wurde eine Aussage des | |
Fraktionschefs von Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel, gegenüber der taz | |
wiedergegeben, wonach "Schuld an dieser Situation sei die Regierungszeit | |
von Manfred Stolpe und Peter-Michael Diestel". Soweit sich hierdurch der | |
Eindruck ergibt, es habe eine gemeinsame Regierungszeit von Stolpe und | |
Diestel gegeben, ist dieser falsch. Diestel war von April bis Oktober | |
Minister des Inneren in der letzten Regierung der DDR, während Stolpe von | |
November 1990 bis Juni 2002 Ministerpräsident des Landes Brandenburg war. | |
Die Redaktion. | |
1 Dec 2009 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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