# taz.de -- Schulen: Keine Religionskunde, nirgends | |
> Nicht von der Stelle kommt die Arbeitsgruppe bei der Bildungssenatorin, | |
> die ein Konzept für einen zeitgemäßen Religionsunterricht erstellen | |
> sollte. Schuld ist die SPD. | |
Bild: Die Bremer Muslime würden auf islamischen Religionsunterricht - wie hier… | |
Einen gemeinsamen Religionsunterricht für Christen und Muslime wird es so | |
bald in Bremen nicht geben. Die von der Bildungssenatorin Anfang des Jahres | |
eingesetzte "Arbeitsgruppe", die ein Konzept für einen zeitgemäßen | |
Religionsunterricht erarbeiten soll, tritt auf der Stelle. Dreimal habe man | |
sich bisher getroffen, sagt die Sprecherin der Bildungssenatorin, Karla | |
Götz, Ergebnisse könne man aber noch nicht präsentieren. | |
"Es gibt bisher nur konsensuale Eckpunkte, aber auch die können wir nicht | |
veröffentlichen, das ist ein sehr langwieriger Prozess." Ausgefallen ist | |
auch die für den Schuljahresbeginn angekündigte Tagung zum Thema mit | |
Fachleuten. Apropos Experten: Bisher haben an den Treffen mit der | |
Verwaltung nur Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche | |
teilgenommen, nicht aber der jüdischen Gemeinde und muslimischen Verbände. | |
Das solle nun nachgeholt werden, sagte Götz am Freitag. | |
Es liegt nicht an der Bildungssenatorin, dass sich seit Monaten in der | |
Frage nichts mehr bewegt hat. Das Problem ist vielmehr, dass die Bremer SPD | |
- und dabei allen voran der Bürgermeister - im Einklang mit den Kirchen | |
unbedingt am Wortlaut der Bremer Landesverfassung festhalten will. Darin | |
heißt es: "Die allgemeinbildenden öffentlichen Schulen sind | |
Gemeinschaftsschulen mit bekenntnismäßig nicht gebundenem Unterricht in | |
Biblischer Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage." Genau diese | |
Formulierung ist aber denen ein Dorn im Auge, die sich für einen Unterricht | |
einsetzen, der alle Religionen gleich behandelt. Beispielsweise dem grünen | |
Bürgerschaftsabgeordneten Hermann Kuhn, auf dessen Initiative seit letztem | |
Herbst wieder über den "Biblischen Geschichtsunterricht", kurz BGU, | |
diskutiert wird. Als "gefährliche Entwicklung" bezeichnet er das Ergebnis | |
der Volksabstimmung in der Schweiz. Das Minarettverbot hat ihn in seiner | |
Überzeugung bestärkt, dass Angehörige verschiedener Glaubensrichtungen in | |
der Schule dringend mehr übereinander erfahren müssten. Unter zwei | |
Prämissen, sagt Kuhn: "In gegenseitigem Respekt und alle Religionen werden | |
grundlegend gleich behandelt." | |
Das wünschen sich bisher auch die in der Schura organisierten Muslime. Noch | |
jedenfalls gilt das Wort des gerade zurückgetretenen Schura-Vorsitzenden | |
Mehmet Kilinc, der gerne auf einen eigenen Islamunterricht, wie es ihn | |
anderen Bundesländern gibt, verzichtet - wenn dafür der Unterricht nicht | |
mehr auf "allgemein christlicher Grundlage" stattfindet. Auch die Mehrheit | |
der Schüler und Schülerinnen möchte lieber zusammen unterrichtet werden - | |
das zeigte eine Befragung an einem Huchtinger Gymnasium und eine von der | |
Bildungssenatorin in Auftrag gegebene Online-Umfrage. Weitaus weniger als | |
die Erwachsenen treibt die Jugendlichen dabei die Frage um, wie | |
"authentisch" ein Lehrer oder eine Lehrerin eine Religion darstellen kann. | |
Hauptsache, man redet miteinander, nicht nur übereinander, scheint die | |
pragmatische Haltung vorzuherrschen. | |
Doch allen Umfragen und Erfahrungen von Religionslehrern und -lehrerinnen | |
zum Trotz bleibt die SPD bei ihrer Haltung, dass das Primat des | |
Christentums in der Landesverfassung erhalten werden muss. Begründet wird | |
dies mit der angeblichen Gefährdung der "Bremer Klausel" im Grundgesetz. | |
Die nämlich legt fest, dass der Religionsunterricht in Bremen in der | |
Verantwortung des Staats und nicht der Religionsgemeinschaften liegt. Doch | |
wer sich wie die Bremer Juristin Myrian Dietrich ausführlich mit dem | |
Artikel 7 des Grundgesetzes beschäftigt hat, findet in den Gesetzestexten | |
und seinen Auslegungen nicht den geringsten Anlass zur Sorge. "Man kann die | |
Landesverfassung ändern, das hat überhaupt keine Auswirkungen auf die | |
Bremer Klausel", sagt Dietrich, die mit einer Untersuchung zu rechtlichen | |
Perspektiven des islamischen Religionsunterrichts promoviert hat. Wer den | |
einführen will, das geht aus ihrem 400 Seiten starken Buch hervor, dessen | |
Arbeitsgruppe muss dann wirklich komplizierte Fragen klären. Und kommt um | |
eine Änderung der Bremer Landesverfassung nicht mehr herum. | |
Als "gefährliche Entwicklung" bezeichnet Kuhn das Minarettverbot in der | |
Schweiz | |
6 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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