# taz.de -- Griechenlands Schuldenkrise: Kampf gegen Korruption solls bringen | |
> Die Schuldenkrise zwingt die Regierung in Athen zu einem drastischen | |
> Sparkurs. Doch ist fraglich ist, ob er umgesetzt werden kann. | |
Bild: Zumindest bei der Weihnachtsbeleuchtung wird noch nicht gespart: Athen. | |
Seit dem Fall von Konstantinopel am 29. Mai 1453 gilt der Dienstag allen | |
Griechen als Unglückstag. Letzte Woche war es wieder so weit: am Dienstag, | |
8. Dezember stufte die Rating-Agentur Fitch die Kreditwürdigkeit des | |
griechischen Staates auf die Bewertung BBB+ herunter. Das löste erneut eine | |
internationale Diskussion um die Möglichkeit eines griechischen | |
Staatsbankrotts aus. | |
In Athen sah sich die Regierung, die erst seit September 2009 im Amt ist, | |
zu einer Reaktion gezwungen. Ministerpräsident Georgios Papandreou muss das | |
Staatsdefizit, das dieses Jahr die Rekordhöhe von 12,7 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukt erklimmen wird, bis 2013 auf drei Prozent | |
zurückführen. | |
Als erster Schritt ist für den Haushalt 2010 eine Reduzierung des Defizits | |
auf 9,1 Prozent vorgesehen. Das entspricht einer Summe von 8 Milliarden | |
Euro, die zur Hälfte durch Einsparungen, zur Hälfte durch erhöhte Einnahmen | |
erzielt werden soll. Und das inmitten einer Wirtschaftskrise, die das Land | |
hart getroffen hat, weil die wichtigsten Sektoren Handelsschifffahrt und | |
Tourismus unter den Folgen der weltweiten Depression leiden: 2009 wird das | |
die Wirtschaft um 1,5 Prozent schrumpfen, für 2010 ist keine Besserung in | |
Sicht - auch, weil der Staat wegen des exorbitanten Haushaltsdefizits kein | |
Geld für aktive Konjunkturpolitik hat. | |
Nun setzen Papandreou und sein Finanzminister Jorgos Papakonstantinou auf | |
höhere Verbrauchssteuern und Sonderabgaben auf Großvermögen. Im Kampf gegen | |
die Steuerhinterziehung, die den Staatshaushalt pro Jahr zig Milliarden | |
Euro kostet, wollen sie die Kontrollen verschärfen und vor allem die | |
Vermögensverhältnisse der Finanzbeamten unter die Lupe nehmen: Wer auf | |
unerklärliche Weise reich geworden ist, soll umstandslos gefeuert werden. | |
Wichtiger noch sind die Kürzungen bei den Ausgaben. Jedes einzelne | |
Ministerium muss seine Haushaltsansätze um zehn Prozent kappen. Im | |
öffentlichen Dienst gilt 2010 ein Einstellungsstopp. Und erstmals sollen | |
auch die Rüstungsausgaben gekürzt werden, die in Griechenland bis zu | |
viermal höher liegen als sonst in den Euro-Ländern. | |
Die angekündigten Maßnahmen sind für griechische Verhältnisse durchaus | |
mutig, lassen aber zwei grundlegende Fragen offen: Die erste betrifft die | |
Umsetzung. Der Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung wird erst in | |
Jahren Wirkung zeigen. Und alle Einsparungen bei Personalkosten des | |
öffentlichen Dienstes stoßen auf den erbitterten Widerstand der | |
Gewerkschaften. | |
Noch schärfer stellt sich das Problem nach der gesellschaftlichen Akzeptanz | |
im Hinblick auf die Rentenfrage. Hier liegt die zweite Schwäche des | |
Regierungsprogramms: Papandreou hat eine Diskussion mit den Sozialpartnern | |
angekündigt, aus der bis Mitte 2010 ein Gesetzentwurf hervorgehen soll. Das | |
dürfte angesichts der Haltung der Gewerkschaften utopisch sein. | |
Dabei drängt die Zeit: Der Zuschussbedarf der Rentenkassen belastet das | |
Budget 2009 bereits mit 2,5 Milliarden Euro. Ohne tiefgreifende Änderungen | |
wird sich diese Belastung bis 2015 vervielfachen. Alle Experten halten den | |
Umbau des Rentensystems für die weitaus wichtigste Aufgabe bei der | |
Sanierung der öffentlichen Finanzen. | |
Ob die in Griechenland gelingen kann, wird sich im ersten Halbjahr 2010 | |
zeigen. Bis dahin werden "die Märkte" und die EU-Partner misstrauisch | |
bleiben. Das musste der griechische Finanzminister Papakonstantinou diese | |
Woche bei seinen Besuchen in Berlin, Paris und London erfahren. Sein Fazit | |
nach dieser Reise lautete: "Man wird uns an unseren Taten messen, nicht an | |
unseren Ankündigungen". | |
Der internationale Finanzmarkt hat dieses Urteil bestätigt: Einen Tag nach | |
der Rede von Papandreou erhöhten sich erneut die Zinsaufschläge für | |
griechische Staatsanleihen. Der sogenannte Spread, das ist die Differenz | |
zum Zinsertrag für vergleichbare deutsche Bundesanleihen, stieg auf 265 | |
Basispunkte oder 2,65 Prozent. | |
Trotzdem gehen die meisten Experten davon aus, dass der Euro-Block im | |
Ernstfall ein Rettungspaket schnüren wird. | |
16 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Niels Kadritzke | |
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