# taz.de -- NPD-Finanzen: Steuergelder für rechte Parolen | |
> Obwohl die NPD gerne über die Staatszuschüsse für andere Parteien klagt, | |
> deckte sie ihren halben Etat mit Steuergeldern. So droht ihr trotz eines | |
> Betrugsverfahren kein finanzielles Aus. | |
Bild: "Ohrfeige für Politbonzen" schimpft die NPD auf ihren Wahlplakaten. In a… | |
MÜNSTER taz | Wegen Veruntreuung von Parteigeldern ist der ehemalige | |
NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemna bereits in Haft. Die Staatsanwaltschaft | |
Münster klagt ihn jetzt wegen gewerbsmäßigen Betruges und Verstoßes gegen | |
das Parteiengesetz an. Mit "wahrheitswidrigen Angaben", erklärt | |
Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer der taz, seien im Zeitraum von 2002 bis | |
2006 mehr als 270.000 Euro Staatsmittel erschwindelt worden. Vor dem | |
finanziellen Aus steht die NPD aber nicht. Die Bilanzen der Partei | |
offenbaren gar positive Effekte in ihrem negativen Finanzgebaren. | |
Schon 2008 verhängte das Landgericht Münster gegen Kemna die Haftstrafe, da | |
er mehr als 740.000 Euro von den Parteikonten auf seine Privatkonten | |
leitete, um sein marodes Küchenstudio zu retten. Auf ein Chaos von Akten | |
waren Ermittler damals im Haus des langjährigen Getreuen des | |
NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigts gestoßen. | |
Experten des Landeskriminalamts konnten nun die NPD-Buchführung | |
rekonstruieren. Mit dem Hochrechnen von Spendeneinnahmen und | |
Mitgliedsbeiträgen habe sich die NPD "unberechtigte Zuschüsse" erschlichen, | |
erläutert Schweer. Ihre Ermittlungen gegen Voigts wegen Verdacht der | |
Mitbeteiligung habe sie an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Voigt | |
verkündetet indes: Die Ermittlungen und Rechstreitigkeiten sollen bloß ihre | |
Geldgeber und Förderer verunsichern. Ihnen wolle man "quasi sagen, die NPD | |
wäre nicht mehr zahlungsfähig", hob der Parteichef in einem Video auf der | |
NPD-Website hervor und betonte: "Aber diese Diskussion kennen wir seit 40 | |
Jahren". | |
Keine reine Propaganda: Der Rechenschaftsbericht der NPD für das Jahr 2007 | |
offenbart, dass die Partei nach Gegenüberstellung von Schuld- und | |
Besitzposten ein Reinvermögen von 93.416,63 Euro hat. Bis heute ist der | |
Rechenschaftsbericht 2007 die Grundlage für die aktuelle staatliche | |
Bezuschussung. Der Grund: Ein weiterer Rechtstreit zwischen NPD und | |
Bundestagsverwaltung über die Höhe der Staatszuwendungen ist noch nicht | |
abgeschlossen. | |
Die Unterlagen der Bundestagsverwaltung zeigen, dass die NPD ihre | |
Darlehenstruktur seit 2003 von Bankinstituten weg allein auf Privatpersonen | |
umstellen konnte. In 2007 wies die NPD in ihrer Bilanz Darlehen in Höhe von | |
1,5 Millionen Euro von Privatpersonen aus. "Gegenüber dem Rechnungsjahr | |
2003 ist das fast eine Verzehnfachung", betont die Bundestagsverwaltung. | |
Die Bilanzen belegen: 2007 war für die NPD im Vergleich zu 2006 ein | |
erfolgreiches Jahr. 2006 schloss die NPD das Jahr mit einem Minus von | |
161.881,07 Euro ab. Innerhalb eines Jahres glich sie die negativen Bilanz | |
mit 255.297.70 Euro aus, was zu dem Reingewinn von 93.416,63 Euro für 2007 | |
führte. Seit 1998 sind die Geldbestände von 248.000 auf 531.000 Euro | |
gestiegen. Die Gesamteinnahmen sind in dem Zeitraum von über 2 Millionen | |
auf mehr als 3 Millionen Euro angewachsen. | |
Die Statistiken des Deutschen Bundestags belegen, dass die Partei durch den | |
Staat finanziert wird, den sie abschaffen will. Nicht durch Spenden wird | |
die Partei getragen, sondern von der staatliche Bezuschussung. Von 1998 bis | |
2007 sind die Staatszuschüsse von 300.000 Euro auf fast 1,5 Millionen Euro | |
gestiegen. Der NPD ist hier ein Wandel ihrer Finanzierung gelungen. 1998 | |
machten 64,04 Prozent des Haushalts Spenden aus, dem gegenüber standen 14,7 | |
Prozent Staatsmittel. 2007 haben sich die Werte fast umgekehrt: Die Spenden | |
lagen bei 28,1 Prozent, die staatliche Bezuschussung allerdings bei 47 | |
Prozent. | |
Gern betonen die NPD-Fraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, um | |
Holger Apfel und Udo Pastörs, dass die anderen Parteien sich kräftig aus | |
den Staatskassen bedienen würden. "Die da oben, wir hier unten" ist der | |
Gestus der NPD, die sich vermeintlich um die "einfachen Leute" kümmere. Die | |
"Festsetzung der staatlichen Mittel für das Jahr 2008" durch den Bundestag | |
zeigt, dass die "Staatsquote" – der Anteil der Staatlichen Mittel gegenüber | |
den selbst erwirtschafteten Eigeneinnahmen des Vorjahres – aller Parteien | |
bei durchschnittlich 31 Prozent liegt. Die Quote der NPD liegt jedoch mit | |
48 Prozent weit höher. Ein Vergleich: Bei der SPD beträgt sie 28 Prozent. | |
Eine mögliche Verurteilung von Kemna kann für die Partei zu einer | |
Strafzahlung in doppelter Höhe des Fehlbetrages führen. Eine mögliche | |
Strafzahlung droht der NPD auch nach dem Rechtsstreit mit der | |
Bundestagsverwaltung. 2009 entschied das Berliner Verwaltungsgericht, dass | |
die NPD einer Strafzahlung von 1,27 Millionen Euro nachkommen muss. Partei | |
und Verwaltung haben aber Berufung eingelegt. Die NPD will notfalls bis vor | |
das Bundesverfassungsgericht ziehen. | |
Sollten Verurteilungen zu Zahlungen führen, kommt es dennoch nicht zur | |
Parteipleite. Christian Hoose von der Bundestagsverwaltung sagte der taz, | |
dass die Verwaltung dann eine Regelung mit der Partei finden muss, die ihre | |
Arbeit nicht unmöglich macht. Das Grundgesetzt schützt die NPD. "Nach dem | |
Gleichheitsgrundsatz müssen wir die NPD wie alle anderen Parteien | |
behandeln", erklärte Hoose. Auch andere Parteien durften schon Schulden in | |
Raten abstottern. Rechtsstreitigkeiten verhindern zudem nicht die | |
Ausschüttung der staatlichen Mittel. 2008 erhielt die NPD so auch dank | |
Wahlerfolge und Parteienstatus 1,5 Millionen Euro. | |
22 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
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Union | |
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