# taz.de -- Neuer Leander-Haußmann-Film: Zeitgeistkomödie im Altersheim | |
> Viagra, dritte Zähne, Demenz: Regisseur Leander Haußmann ist mal wieder | |
> kein Thema zu heikel, um einen Witz daraus zu schmieden. Sein Film | |
> "Dinosaurier" spielt im Altenheim. | |
Bild: Lustig geht es zu, in Haußmanns "Dinosaurier". | |
Es ist schon komisch, in Europa gelten wir Deutschen nicht gerade als | |
humorvoll. Schaut man sich aber die Spitze der hierzulande erfolgreichsten | |
deutschen Filme an, dann sind das fast ausschließlich Komödien. 1975 zum | |
Beispiel war Bernhard Sinkels "Lina Braake" ein solcher Erfolg. Der Film | |
kam sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik gut an. 1999 erreichte | |
Leander Haußmann mit seinem Kinodebüt "Sonnenallee" etwas Ähnliches. | |
Wieder und wieder versucht sich Haußmann seither im Genre | |
"Zeitgeistkomödie". Dass es sich bei "Dinosaurier" um ein Remake handelt, | |
widerspricht dem keineswegs, denn vor dem Hintergrund der aktuellen | |
Wirtschaftskrise erscheint "Lina Braake" als geradezu vorausschauend | |
zeitgeistig, schließlich war schon damals eine Bank der Bösewicht. Brachte | |
im alten Film selbige eine Dame über 80 um ihre Mietwohnung, ist es in | |
"Dinosaurier" schon ein kleines Häuschen. Lina heißt nun Lena, ist erst in | |
ihren 70ern und wird von Eva-Maria Hagen gespielt. Nach der Enteignung im | |
Altersheim gelandet, trifft sie dort den von Leanders Vater Ezard Haußmann | |
gespielten Johann Schneider, dessen Name eine ganz und gar nicht subtile | |
Anspielung auf Pleitier Jürgen Schneider darstellt. Ähnlich unsubtil ist | |
auch ihre erste Begegnung inszeniert: Auf der Flucht vor kontrollsüchtigen | |
Krankenschwestern landet Lena in Johanns Bett, wo sie damenhaft fordert, er | |
möge den Krückstock, der ihr in den Rücken piekst, entfernen. Johann klärt | |
sie über die wahre Natur des Stocks auf, woraufhin sie erst einmal Empörung | |
zeigt. Doch bald schon planen sie zusammen den großen Rache-Coup. | |
Wo das Original ganz auf den verschmitzten Humor seiner Außenseiter setzte, | |
ist hier jeder Witz ins Groteske gesteigert. Ob Viagra, dritte Zähne, | |
Demenz, Dialyse oder Diabetes, kein Anlass scheint zu bieder, heikel oder | |
geschmacklos, um nicht einen Spaß zu versuchen. Leider merkt man dabei | |
jedem Gag vor allem den Stolz seiner Autoren an, so ungeheuer frech und | |
frei zu sein, dass man sich über "Tabuthemen" wie falsche Gebisse und | |
Inkontinenz lustig machen kann. Ein großartiges Ensemble alter Schauspieler | |
(Walter Giller, Nadja Tiller, Horst Pinnow, Ingrid van Bergen) wird in | |
schludrig inszeniertem Slapstick als Chargen verheizt, und nur schwach ist | |
der Trost, dass es den "jungen" (Daniel Brühl, Tom Gerhardt, Steffi | |
Kühnert) nicht besser ergeht. Eigentlich stimmt nichts so richtig an dieser | |
Komödie, weder der Ton noch das Timing noch das Thema (Banken und | |
Altersheime?) - aber vielleicht ist das ja meine typisch deutsche | |
Humorlosigkeit. | |
22 Dec 2009 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
## TAGS | |
BRD-Film | |
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