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# taz.de -- Öffentlicher Dienst: Die Solidarität hat ein Ende
> Zu Silvester läuft der "Solidarpakt" aus. Landesangestellte bekommen dann
> mehr Geld für mehr Arbeit. Gewerkschaften fordern schnelle Anpassung an
> bundesweite Tarife. Der Senat will das nur schrittweise.
Bild: Streikender Polizist in Berlin
Berlins Angestellte im öffentlichen Dienst haben ihren Teil zur
Haushaltskonsolidierung getan: Mit dem Jahr 2009 endet der sogenannte
Solidarpakt von 2003, der für die Beschäftigten die Kürzung von Einkommen
und Arbeitszeit um bis zu 12 Prozent bedeutete. Seit Monaten verhandelt nun
die Tarifgemeinschaft aus Ver.di, GEW, GdP und IG Bau mit dem Senat über
einen neuen Tarifvertrag für die Angestellten in Schulen, Kitas,
Bezirksämtern und anderen Landeseinrichtungen. "In der Bibel folgen auf
sieben magere sieben fette Jahre. Wir würden uns zumindest über sieben
normale Jahre freuen", sagt die stellvertretende
Ver.di-Landesbezirksleiterin Astrid Westhoff.
Berlins war 2003 aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgetreten.
Die Stadt wollte wegen der katastrophalen Haushaltslage die für Angestellte
in Bund, Ländern und Kommunen ausgehandelten Einkommenssteigerungen von
brutto 4,4 Prozent nicht mitmachen. Später vereinbarten Senat und
Gewerkschaften, dass die Einkommen genau wie die Arbeitszeit je nach
Vergütungsgruppe um 8, 10 oder 12 Prozent sinken. Das Land schloss dafür
betriebsbedingte Kündigungen aus.
Mit Beginn des neuen Jahres werden nun diese Minderungen von Einkommen und
Gehalt außer Kraft gesetzt, der Senat könnte auch wieder betriebsbedingt
kündigen. Doch die Gewerkschaften wollen auch wieder zum im Laufe der Jahre
weiter gestiegenen Einkommensniveau im übrigen Bundesgebiet aufschließen -
rund 6 Prozent hinken die Berlin hinterher. Das Land will diese Forderung
erfüllen - aber nicht auf einen Schlag, sondern über mehrere Jahre
gestreckt. "Es darf keine weiteren zehn Jahre dauern, bis endlich wieder
genauso bezahlt wird wie zum Beispiel in Cottbus", meint
Verhandlungsführerin Westhoff. Angeboten hat der Senat zuletzt, 1,2 Prozent
mehr ab 2011 zu bezahlen und ab 2012 jährlich weitere 0,5 Prozent, bis das
Niveau der anderen Länder erreicht ist.
Beim Senat ist man guter Dinge, bald einen Abschluss zu schaffen. "Wir
haben deutlich gemacht, dass sich unser Angebot an bestimmten
Stellschrauben noch nachbessern lässt", sagt Nicola Rothermel, Sprecherin
von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Verhandelt wird auch über die
Angleichung der wöchentlichen Arbeitszeit in Ost und West: Ab 1. Januar
beträgt sie für die Angestellten im Osten 40, im Westen 38,5 Stunden.
"Diese diskriminierende Ostsonderregelung muss ein Ende haben", fordert
Ver.di-Frau Westhoff. Von seinem Vorschlag, dass alle 40 Stunden arbeiten
sollen, ist der Senat inzwischen abgerückt. Man wird sich wohl irgendwo bei
39 Stunden einpendeln.
Sauer stößt den Gewerkschaften auf, dass Berlin weiter Stellen abbauen
will. Pläne der Finanzverwaltung sehen vor, die Zahl der vollen Stellen von
derzeit 108.270 auf 101.900 in 2013 zu reduzieren. Für Westhoff ist das der
falsche Weg: "Gerade in der jetzigen Situation muss man Berufsmöglichkeiten
für junge Menschen schaffen!" Deshalb sollten mehr Auszubildende übernommen
werden.
Mit der Reduzierung allerdings liegt Berlin im Trend: "Abbau findet in
vielen Ländern statt, Schleswig-Holstein oder das Saarland zum Beispiel
müssen schon lange mit viel weniger Personal auskommen", sagt der Potsdamer
Verwaltungswissenschaftler Christoph Reichard. Inwieweit die Verschlankung
richtig sei, komme auch darauf an, welche Dienste der Bürger künftig in
welchem Umfang haben und bezahlen wolle und inwieweit bestimmte Aufgaben an
Dritte ausgelagert würden. Die BerlinerInnen wird aber erst mal
interessieren, ob und inwieweit sie von Tarifverhandlungen betroffen sind,
etwa durch Streiks. Herausstellen wird sich dies ab Mitte Januar: Am 20.
Januar wollen die Tarifparteien ihre Verhandlungen fortsetzen.
29 Dec 2009
## AUTOREN
Sebastian Puschner
## TAGS
Tarifverhandlungen
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übernehmen.
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