Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Goldrausch in El Salvador: Mordserie an Umweltaktivisten
> In El Salvador soll Gold in einer zentralen und bitterarmen Provinz
> abgebaut werden. Dafür werden Umweltaktivisten ermordet. Die Polizei
> spricht hingegen von gewöhnlicher Kriminalität.
Bild: Den betroffenen Gemeinden wurde ein „grüner“ Untertagebau versproche…
SAN SALVADOR taz | „Wahrscheinlich haben sie mich gesucht“, sagt der
Umweltaktivist José Santos. „Aber sie haben mich nicht gefunden und so
haben sie eben meine Frau umgebracht.“ Dora Alicia Sorto, 32, Mutter von
sechs Kindern und im achten Monat schwanger, wurde am 26. Dezember in dem
Weiler Trinidad im Zentrum von El Salvador mit fünf Schüssen in den Rücken
niedergestreckt.
Sie war am Fluss gewesen und hatte dort Wäsche gewaschen. Auf dem Heimweg
trug sie ihren zweijährigen Sohn auf dem Arm. Der wurde bei den Attentat
verletzt. Der Mord war schon der dritte an Umweltaktivisten in der
ländlichen Provinz Cabañas. Sechs Tage zuvor war Ramiro Rivera erschossen
worden. Am 18. Juni verschwand Gustavo Marcelo Rivera. Seine Leiche wurde
später mit Folterspuren gefunden.
Cabañas ist eine der elendsten Provinzen El Salvadors. Mehr als die Hälfte
der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. „Man hat uns immer vergessen“,
sagt Francisco Pineda, Koordinator des Umweltkomitees von Cabañas. „Aber
jetzt hat man unglücklicherweise Gold bei uns gefunden.“
José Santos und seine ermordete Frau lebten nur ein paar Schritte vom Berg
El Limón. Aus diesem Hügel will die kanadische Minengesellschaft Pacific
Rim Gold gewinnen. Santos und andere Anwohner haben sich dagegen gewehrt.
Sie befürchten schwere Umweltschäden durch Zyanid, mit dem das Gold vom
Gestein gestrennt werden soll. Ihr Widerstand hatte nicht nur die drei
Morde zur Folge. Es gab Todesdrohungen und Attentatsversuche gegen
Umweltaktivisten, Pfarrer und Journalisten lokaler Radiostationen. Rivera
war bereits im August von acht Schüssen getroffen worden und hatte
überlebt. Er stand unter Polizeischutz. Doch das hinderte die Killer nicht.
Die Polizei hat zwar drei Personen verhaftet, geht aber davon aus, dass die
Morde nichts mit dem Widerstand gegen die Minen zu tun haben, sondern der
gewöhnlichen Kriminalität zuzuschreiben sind. Das knapp sechs Millionen
Einwohner zählende El Salvador ist das gewalttätigste Land Lateinamerikas.
Allein im vergangenen Jahr wurden mehr als 4.300 Menschen ermordet.
Umweltaktivist Pineda dagegen glaubt, dass die wahren Hintermänner der
Morde geschützt werden sollen. „Hätte man nach dem ersten Mord nach den
Auftraggebern gesucht, wären die anderen beiden nicht passiert“, sagt er.
Anfang Dezember hatte das Umweltkomitee um einen Termin beim linken
Präsidenten Mauricio Funes gebeten, war aber nur von einem untergeordneten
Beamten empfangen worden.
Pacific Rim mit Sitz in Vancouver und Interessen in mehreren Ländern
Lateinamerikas vermutet laut einer Mitteilung „Dutzende von Millionen Unzen
Gold“ in Cabañas. Die Kanadier und sechs weitere Bergbauunternehmen waren
von rechten Vorgängerregierungen mit Explorationslizenzen ausgestattet
worden. Pacific Rim hatte die Goldsuche mit Geschenken an Bürgermeister und
mit der Finanzierung von Dorffesten unterstützt. Den betroffenen Gemeinden
waren Arbeitsplätze und ein angeblich „grüner“ Untertagebau versprochen
worden. Trotzdem hat die Regierung des rechten Präsidenten Antonio Saca
bereits 2008 die Vergabe von Schürflizenzen abgelehnt, weil Umweltauflagen
nicht eingehalten worden waren.
Pacific Rim hat die Regierung El Salvadors deshalb gemeinsam mit einer
weiteren Bergbaufirma vor dem Internationalen Zentrum der Beilegung von
Investitionsstreitigkeiten - einem zur Weltbank gehörenden Schiedsgericht -
auf 100 Millionen Dollar Schadensersatz verklagt. Salvadorianische
Umweltorganisationen fordern den Abzug der internationalen Minenunternehmen
und ein gesetzliches Verbot des Bergbaus in dem überbevölkerten Land.
4 Jan 2010
## AUTOREN
Cecibel Romero
## TAGS
Seltene Erden
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bodenschätze in der Tiefsee: Goldrausch auf dem Meeresboden
Die UN vergeben immer mehr Schürflizenzen für die Tiefsee, die Nachfrage
ist groß. Doch Umweltschützer schlagen Alarm.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.