# taz.de -- Nahverkehr in Berlin: Rot-Rot könnte S-Bahn kaufen | |
> Die Berliner S-Bahn, Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, leidet unter | |
> winterlicher Kälte. Die rot-rote Landesregierung erwägt nun, das | |
> Unternehmen zu kaufen | |
Bild: S-Bahn-Haltestelle Potsdamer Platz, Berlin. Dahinter auch zu sehen: der "… | |
BERLIN taz | Die pannengebeutelte Berliner S-Bahn, ein Tochterunternehmen | |
der Deutschen Bahn AG, kommt nicht in die Spur. Versagte bei einem | |
Wintereinbruch vor genau einem Jahr die Technik in zahlreichen Wagen, führt | |
auch die derzeitige Kälte zu einem zusätzlichen Ausfall von Zügen. Die | |
Folge zu Beginn der ersten Arbeitswoche im neuen Jahr: längere Wartezeiten | |
und überfüllte Züge. Im Berufsverkehr müssen teilweise sogar Fahrgäste auf | |
dem Bahnsteig zurückbleiben, weil sie nicht mehr in die Waggons passen. | |
Ein kalter Winter ist in Berlin allerdings nichts Ungewöhnliches – die | |
Probleme bei der S-Bahn sind hausgemacht. Das Unternehmen galt jahrelang | |
als Melkkuh des Bahnkonzerns, den Ex-Chef Hartmut Mehdorn an die Börse | |
bringen wollte. Um aus der Berliner S-Bahn höhere Gewinne herauszupressen, | |
wurden Werkstätten geschlossen, Reservezüge verschrottet und Personal | |
abgebaut. | |
Das alles fehlt jetzt – zumal im Sommer massive Sicherheitsprobleme bei den | |
Rädern aufgetaucht sind. Diese hatten das Eisenbahn-Bundesamt dazu | |
gebracht, einen Teil der Wagenflotte aus dem Verkehr zu ziehen und auf | |
häufigere Sicherheitskontrollen zu bestehen. Zuletzt verlängerte die | |
Bahnaufsichtsbehörde die Betriebsgenehmigung für die S-Bahn nur um ein | |
Jahr, üblich wären 15 Jahre gewesen. Wann die S-Bahn zum normalen | |
Fahrbetrieb zurückkehrt – im Sommer hatte sie dies für Dezember versprochen | |
–, ist völlig unklar. | |
Dem rot-roten Berliner Senat sind in gewisser Weise die Hände gebunden. Der | |
geltende Verkehrsvertrag, der der Bahn einige Schlupflöcher bietet, läuft | |
noch bis zum Jahr 2017. Aber selbst eine – mittlerweile sicherlich | |
gerechtfertigte – außerordentliche Kündigung würde nicht viel bringen, | |
besitzt die S-Bahn doch quasi ein natürliches Monopol. Technisch bedingt | |
können die Berliner S-Bahn-Züge, die der Bahn gehören, nur in Berlin | |
fahren. Eine Ad-hoc-Neuausschreibung würde also nicht viel bringen, da es | |
keinen Konkurrenten zur Bahn gibt, der solche Züge hat. | |
Für die Zeit nach 2017 prüft der Senat aber eine offene Ausschreibung. | |
Allerdings gäbe es auch dann das Problem der S-Bahn-Monopolstellung. | |
Deshalb erwägt der Senat nun, die S-Bahn zu kaufen. Das Modell: Das | |
Bundesland besitzt die Züge, nur der Betrieb würde ausgeschrieben und | |
privatwirtschaftlich organisiert. | |
Dabei könnten auch die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zum | |
Zuge kommen. Immerhin bietet die BVG seit Jahren einen stabilen und | |
zuverlässigen Service - und ohne ihre U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen | |
hätte das S-Bahn-Chaos der vergangenen Monate die Hauptstadt in den | |
Verkehrskollaps geführt. | |
6 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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