# taz.de -- Rassismus in Italien: Die Gewalt eskaliert | |
> Im kalabresischen Rosarno beantworten afrikanische Immigranten | |
> rassistische Schüsse mit Gewalt. Zuvor hatten sie nach einem ähnlichen | |
> Angriff noch friedlich protestiert. | |
Bild: Dass die Revolte so dramatisch wurde, liegt vor allem an den miesen Leben… | |
ROM taz | Umgestürzte Autos, eingeschlagene Schaufensterscheiben, brennende | |
Müllcontainer: Am Donnerstagabend zogen einige hundert schwarzafrikanische | |
Immigranten eine Spur der Verwüstung durch die süditalienische Kleinstadt | |
Rosarno. Die kollektive Gewalt hatte ein Anschlag italienischer | |
Jugendlicher auf zwei Afrikaner ausgelöst. | |
Die Jugendlichen hatten aus einem fahrenden Auto heraus mit Luftpistolen | |
auf von der Arbeit heimkehrende Immigranten geschossen und zwei von ihnen | |
verletzt. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich schon im Dezember 2008 | |
zugetragen, als auch zwei Afrikaner beschossen und schwer verletzt wurden. | |
Damals hatten die Migranten mit einer friedlichen Demonstration vor | |
Rosarnos Rathaus reagiert. | |
Jetzt dagegen schlug der Protest sofort in gewalttätige Ausschreitungen um. | |
Einige hundert Afrikaner errichteten Sperren auf der Straße, die Rosarno | |
mit den Nachbarorten verbindet, warfen Steine auf Autos, schlugen mit | |
Eisenstangen die Scheiben ein. Danach zogen sie ins Zentrum Rosarnos, | |
stürzten Autos um, fackelten quergestellte Müllcontainer ab, zertrümmerten | |
die Schaufensterscheiben zahlreicher Geschäfte, stiegen auch auf Balkone | |
von Wohnungen und warfen Blumenkübel herab, während die Bewohner sich in | |
ihren Häusern verbarrikadierten. Erst nach Stunden gelang es Polizei und | |
Carabinieri, die Unruhen in den Griff zu bekommen. Gezählt wurden 20 | |
Verletzte: 6 sind Demonstranten, 14 dagegen Italiener, die etwa in ihren | |
Autos durch Steinwürfe verletzt wurden. | |
Dass die Revolte so dramatische Formen annahm, liegt vor allem an den | |
miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen der Afrikaner in Rosarno. Die | |
Stadt, eine Hochburg der Ndrangheta, der kalabresischen Mafia, zählt etwa | |
15.000 Einwohner, zu denen im Winter noch einmal etwa 2.000 bis 3.000 junge | |
Männer aus dem Sudan, Ghana, Nigeria oder Togo kommen. Sie werden als | |
Erntehelfer auf den Mandarinenplantagen angeheuert. Bei manchmal bis zu | |
12-14 Stunden täglicher Arbeitszeit beträgt der Tageslohn ganze 20-25 Euro. | |
Davon müssen 5 Euro an den jeweiligen italienischen "Vermittler" von der | |
örtlichen Mafia abgeführt werden, der sie angeheuert hat. Unterkünfte | |
bekommen die Erntearbeiter nicht. Sie müssen in Abbruchhäusern oder in leer | |
stehenden Fabrikhallen nächtigen, in denen die meisten Igluzelte | |
aufschlagen. | |
Nach dem Krawall dürfte sich die Situation der Migranten weiter | |
verschlechtern. Schon am Donnerstagabend rotteten sich mehr als hundert | |
italienische Jugendliche zusammen und suchten die Konfrontation. Nur mühsam | |
gelang der Polizei, direkte Zusammenstöße zu vermeiden. Auch am Freitag | |
blieb die Situation gespannt. Am Vormittag versammelten sich 2.000 | |
Migranten zum Protest und zogen vor das Rathaus. Zugleich fordert eine | |
Delegation von Bürgern Rosarnos im Gespräch mit dem Präfekten von Reggio | |
Calabria, die meist ohne Aufenthaltserlaubnis in Italien lebenden Afrikaner | |
aus Rosarno zu entfernen. | |
9 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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