# taz.de -- "KDD" auf Arte: Krimiserie ohne Helden | |
> Am Dienstag startet die dritte Staffel der ZDF-Serie "KDD - | |
> Kriminaldauerdienst" auf Arte – trotz Imagekampagne und modernem | |
> Management die letzte. | |
Bild: Maria (Jördis Triebel) befragt das Kind (Millane Kaituli), das den Toten… | |
So ein Polizeibetrieb unterscheidet sich in Sachen Verwaltung, Werbung und | |
Wirtschaftlichkeit inzwischen ja kaum noch von einem Unternehmen der freien | |
Wirtschaft: Man streicht die eine oder andere Planstelle – und versucht den | |
so entstehenden Schaden durch eine Imagekampagne wettzumachen, die sehr | |
viel teurer ist als die Arbeitskräfte, die man wegrationalisiert hat. Soll | |
nach dem gescheiterten Versuch, die Deutsche Bundesbahn an die Börse zu | |
bringen, bald etwas Ähnliches mit der Berliner Polizei passieren? Das | |
könnte man zumindest annehmen, wenn man die dritte Staffel der ZDF-Serie | |
„KDD“ sieht, die am Dienstag auf Arte Vorpremiere feiert. | |
Helmut Enders (Götz Schubert), Revierleiter des Kriminaldauerdienstes in | |
Berlin-Kreuzberg, erfährt den Einfluss der modernen Polizei-Manager fast | |
stündlich. Chronisch unterbesetzt ist sein Laden, und nun lässt ihn auch | |
noch seine Mitarbeiterin Sylvia Henke (Melika Foroutan) hängen, weil die | |
zum Covergirl einer Werbekampagne der Berliner Polizei gemacht wurde. Zuvor | |
hatte die Ermittlerin prestigeträchtig einer Rapperin das Leben gerettet, | |
nachdem dieser in den Hals geschossen worden war. | |
Wie Henke allerdings bald herausfindet, war das blutige Attentat fingiert: | |
Das Management erhoffte sich höhere Verkaufszahlen durch einen in | |
HipHop-Kreisen immer noch als authentisch geltenden Mordanschlag. Doch die | |
Polizistin behält dieses Wissen lieber für sich. Fahren doch alle besser | |
mit der Lüge – die sympathischen HipHop-Youngster, die vielleicht trotz | |
Musikkrise ein paar CDs verkaufen, genauso wie sie selbst, die fortan statt | |
Tatortbesichtigungen Fotoshootings absolvieren darf. | |
Keine andere deutsche Krimiserie verortet seine Charaktere derart drastisch | |
und konsequent in der psycho-ökonomischen Gegenwart Deutschlands. Zum | |
Helden oder zur Heldin taugt in „KDD – Kriminaldauerdienst“ (Chefautor: | |
Orkun Ertener) niemand; jeder auf diesem Revier wurschtelt sich so durch – | |
mal dies- und auch mal ziemlich jenseits des Gesetzes. Gelegentlich gerät | |
man selbst beim Zuschauen dieses komplex komponierten Gesellschaftsbildes | |
über Verbrechen und Verbrechensbekämpfung, über Fahndungsdesaster und | |
Privatkatastrophen außer Atem. Das Tempo wurde bei diesem vielfach | |
prämierten, aber leider nicht von ganz so vielen Menschen geschauten Format | |
eher noch erhöht als gedrosselt. | |
Wie auf einem Rangierbahnhof der Verbrechensbekämpfung geht es in „KDD“ zu | |
– nicht immer aber sind die Weichen richtig gestellt. Oft rumst es deshalb, | |
und manchmal gibt es auch Verletzte und Tote, die nicht auf das Konto von | |
Gangstern oder Rappern, sondern auf das der Cops gehen. Im | |
Fünf-Minuten-Takt verstricken sich die unterschiedlichen Charaktere immer | |
tiefer in schuldhafte Prozesse. Hier erledigt ein System sich selbst. | |
So viel Defätismus scheint wohl auch den Verantwortlichen beim ZDF nicht | |
ganz geheuer. Die nun beginnende dritte Staffel wird denn auch die letzte | |
sein – mal sehen, was nun an Werbekampagnen angeschoben wird, um den | |
entstandenen Imageschade wettzumachen. | |
11 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Buss | |
## TAGS | |
Fernsehen | |
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