# taz.de -- Bergung: Asse-Flutung bleibt Option | |
> Ob der Atommüll wirklich aus dem maroden Bergwerk herausgeholt wird, ist | |
> noch längst nicht sicher. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat sich eine | |
> Hintertür offen gelassen um die Asse doch mit Beton zu verfüllen. | |
Bild: Leerräumen oder zubetonieren: Was mit der Asse passiert, ist längst noc… | |
Während Vertreter des Bundesamtes für Strahlenschutz (BFS) gestern in der | |
Wolfenbütteler Lindenhalle die Pläne zur Bergung des radioaktiven Mülls aus | |
der Asse vorstellten, verteilten Atomkraftgegner draußen Flugblätter. Die | |
Pilotphase mit der Bergung der ersten etwa 3.000 Fässer müsse unverzüglich | |
beginnen, sagte der Sprecher des Asse-II-Koordinationskreises, Andreas | |
Riekeberg. "Rückfälle in andere Optionen" müssten unbedingt verhindert | |
werden. Die Umweltschützer befürchten, dass die Rückholung der Abfälle noch | |
scheitern könnte. | |
Das am Freitag bekannt gemachte Vorhaben, in einem weltweit noch nie | |
erprobten Verfahren die radioaktiven Abfälle aus dem maroden Atommülllager | |
Asse auszugraben, war zunächst fast überall auf Zustimmung gestoßen. | |
Kommentatoren, Umweltschützer und Politiker sämtlicher Parteien klatschten | |
Beifall. Das BFS hat sich allerdings eine Hintertür offen gelassen. Falls | |
Stichproben ergäben, dass sich die eingelagerten Fässer in einem deutlich | |
schlechteren Zustand befänden als ohnehin befürchtet, könnte das Vorhaben | |
noch einmal gekippt werden. Statt der Rückholung würde das Bergwerk dann | |
mit Beton und einer Salzlösung verfüllt. | |
Auf eine Flutung und Versiegelung hatte bekanntlich schon der frühere | |
Asse-Betreiber gesetzt. Umweltschützer befürchteten für diesen Fall, dass | |
mit den Atommüllfässern auch die Mauscheleien der Atomindustrie bei der | |
Einlagerung für alle Zeiten unter einer Betondecke verschwinden. | |
Inzwischen scheint der Spalt in der Hintertür ein Stück weit größer zu | |
sein. Kritiker der Bergung haben sich zu Wort gemeldet. Der Vorsitzende der | |
Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, orakelte am Wochenende, | |
es sei bislang unklar, wie lange eine Rückholung der Fässer aus dem | |
Bergwerk tatsächlich dauere. Die Studien des BFS kalkulierten den Ablauf | |
sehr optimistisch. Für die Rückholung eines Fasses seien rechnerisch nur | |
4,8 Minuten vorgesehen. Stelle sich heraus, dass die Bergung viel | |
aufwendiger werde, könne man "diese Option vergessen". | |
Sailer galt früher als einer der Hauptsachverständigen der | |
Anti-Atomkraftbewegung. Atomgegner werfen ihm vor, er habe die Seiten | |
gewechselt. Gegen eine Rückholung der teils korrodierten Fässer ist auch | |
Professor Klaus-Jürgen Röhlig. Der Endlager-Experte der Technischen | |
Universität Clausthal hält die Bergung für technisch und logistisch kaum | |
machbar. Hinzu komme, dass "die Fässer nicht mehr ganz robust sind, da wird | |
die Handhabung zum Problem". Röhligs in Deutschland einziger Lehrstuhl für | |
Endlagerforschung wird von den Stromkonzernen finanziert. | |
Zudem legen Medienberichte über ein nachträgliches "Glätten" des | |
BFS-Papiers zur Asse-Schließung nahe, dass die Bundesregierung doch mehr | |
auf die Variante Flutung setzt, als dies zunächst den Anschein hatte. So | |
soll eine ursprüngliche Kernaussage gelautet haben: "Mit der Umsetzung der | |
Option Rückholung ist schnellstmöglich zu beginnen." In der Endfassung des | |
Papiers steht nur noch: "Die Planungen zur Rückholung sind bis zur | |
Ausführungsreife zu vollenden." BFS-Sprecher Werner Nording sagte gestern | |
lediglich, es habe mit dem Bundesumweltministerium als Aufsicht eine | |
fachliche Diskussion der Optionen gegeben. Das am Freitag vorgestellte | |
Ergebnis werde vom Ministerium und vom BFS gemeinsam getragen. | |
Druck auf das BFS kommt auch von anderer Seite. Die Stadt Salzgitter hat | |
Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt, die geborgenen Asse-Fässer im | |
Schacht Konrad endzulagern. Die Betriebsgenehmigung für Konrad gelte nicht | |
für die Abfälle aus der Asse, sagt Salzgitters Erster Stadtrat Rainer | |
Dworog. "Wir werden uns mächtig auf die Hinterbeine stellen." Tatsächlich | |
dürfen laut Planfeststellungsbeschluss im Schacht Konrad nur bis zu 303.000 | |
Kubikmeter Abfall eingelagert werden, die nach bisherigen Schätzungen bis | |
2040 in Deutschland anfallen. Aus der Asse kämen noch einmal um die 100.000 | |
Kubikmeter dazu. Das Verfahren für Konrad müsste also neu aufgerollt | |
werden. | |
18 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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