| # taz.de -- Flucht vor der Schulpflicht: Deutsche erhalten US-Asyl | |
| > Damit sie ihre Kinder zu Hause unterrichten kann, siedelt Familie Romeike | |
| > aus Baden-Württemberg in die USA über. Ein US-Gericht urteilte, die | |
| > Romeikes würden politisch verfolgt. | |
| Bild: Und die "Freiheit" lockt noch immer. | |
| BERLIN taz | Aus religiösen Gründen will Familie Romeike ihre fünf Kinder | |
| zu Hause unterrichten. In Deutschland ist das aber verboten. Deshalb | |
| verließ die strenggläubige Familie im Januar 2008 die Bundesrepublik in | |
| Richtung USA, wo ihr ein Einwanderungsgericht in Tennessee am Dienstag | |
| politisches Asyl gewährte. Das berichtete die "Home School Legal Defense | |
| Association" auf ihrer Webseite. | |
| Richter Lawrence O. Burman begründete sein Urteil, der Familie in Tennessee | |
| politisches Asyl zu geben, wie folgt: "Menschen, die ihre Kinder zu Hause | |
| unterrichten wollen, sind eine besondere soziale Gruppe, die die deutsche | |
| Regierung zu unterdrücken versucht." Daher habe Familie Romeike "eine | |
| begründete Furcht vor Verfolgung" und könne in Tennessee bleiben. | |
| Das Ehepaar Uwe und Hannelore Romeike kommt aus Bissingen in | |
| Baden-Württemberg. Zusammen haben sie fünf Kinder, die im Alter von drei | |
| bis elf Jahren sind. Da sich die Familie um die religiösen Erziehung ihrer | |
| Kinder sorgte, wollte sie ihre Kinder nicht auf eine öffentliche Schule | |
| schicken. Vater Romeike sagte, Schulbücher enthielten Formulierungen und | |
| Vorstellungen, die sich mit den Werten seiner Familie nicht vereinbaren | |
| ließen. Ein Schlüsselerlebnis, so berichtete Romeike gegenüber der | |
| Süddeutschen, sei für ihn ein Schulbuch gewesen, in dem obszöne Ausdrücke | |
| für Geschlechtsverkehr gestanden hätten. | |
| Daher wollte das Paar seine Kinder zu Hause unterrichten. 2006 nahm Uwe | |
| Romeike die drei ältesten Kinder von der Grundschule. Wie Thomas | |
| Hilsenbeck, Pressesprecher des Kultusministeriums in Baden-Württemberg, | |
| berichtete, habe das Land mit der Familie gesprochen, ihr angeboten, die | |
| Kinder auf einer Privatschule aufzunehmen oder eine eigene Privatschule zu | |
| gründen. "Als das nichts brachte, waren andere Maßnahmen notwendig", sagt | |
| der Sprecher. | |
| Im Mai desselben Jahres bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass die | |
| Schulpflicht einzuhalten und Verstöße dagegen als Ordnungswidrigkeit zu | |
| ahnden seien. Im Oktober stand dann zum ersten Mal die Polizei vor der Tür | |
| und brachte die Kinder in die Schule. | |
| Familie Romeike ist kein Einzelfall. In Hessen droht der Familie Dudek, die | |
| ihre Kinder christlich erzogen haben möchte, eine Freiheitsstrafe auf | |
| Bewährung. Im November verurteilte ein Gericht die Familie zu einer | |
| Geldstrafe. | |
| Im August 2008 zog Familie Romeike dann nach Tennessee und beantragte dort | |
| politisches Asyl. | |
| Der Grund für die Wahl der USA lag dabei auf der Hand. Wie Thomas Hase, | |
| Professor für Religionswissenschaften aus Leipzig, erklärt, gelte dort | |
| lediglich eine Unterrichtspflicht, Unterricht zu Hause ist demnach erlaubt. | |
| In der Bundesrepublik hingegen gelte die Schulpflicht, Eltern müssen ihre | |
| Kinder in eine staatlich kontrollierte Schule schicken. "Deutschland ist | |
| damit ein Einzelfall in der EU", sagt Hase. Es sei daher nicht abwegig, von | |
| einem "Schulzwang" zu sprechen. | |
| Hase findet es auf der einen Seite wichtig, dass sich die Gerichte an das | |
| Grundgesetz hielten und Eltern trotz der Berufung auf ihren Glauben sich | |
| nicht alles erlauben könnten. Er gibt aber auf der anderen Seite auch zu | |
| bedenken, dass es nicht erwiesen sei, dass Kinder davon Schaden nehmen. | |
| "Hier kann durchaus ins Ausland geschaut werden", resümiert er. | |
| Dieser Ansicht ist auch die Home School Legal Defense Association. Für die | |
| Gesellschaft ist es bewiesen, dass Kinder, die zu Hause Unterricht | |
| erhielten, "akademisch und sozial hervorragen". Deren Anwalt Mike Donnelly, | |
| der auch die Familie vertrat, erklärte, es sei eine Schande, dass eine | |
| westliche Nation sich nicht an Menschenrechte halte. Dabei spielte der | |
| Anwalt auf die Religionsfreiheit an. | |
| 27 Jan 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Dubro | |
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