# taz.de -- Guy Ritchies "Sherlock Holmes": Verformungen des Gesichtsfleisches | |
> Guy Ritchies Interpretation der Conan-Doyle-Vorlage lebt von den Effekten | |
> und der Kameraführung. Doch die Glaubwürdigkeit von Sherlock Homes bleibt | |
> auf der Strecke. | |
Bild: Robert Downey Jr. als Sherlock Holmes. | |
Nichts gegen Sherlock Holmes als Actionfigur. Die Trailer zu diesem Film | |
sahen sogar ziemlich verheißungsvoll aus. Sir Arthur Conan Doyle den Staub | |
von den Buchrücken gepustet. Sherlock Holmes von allem Gentleman-Gehabe | |
befreit, gespielt von dem interessanten Schauspieler Robert Downey junior. | |
Dazu ein mit Detailwissen und Digitalkunst rekonstruiertes | |
spätviktorianisches London. Super! Wenn das denn alles im Film selbst | |
geklappt hätte. | |
Der strategische Fehler dieser Produktion bestand darin, Guy Ritchie als | |
Regisseur einzusetzen. Ritchie kann, für sich genommen, sehr beeindruckende | |
Szenen basteln. Er hat eine große Freude an Superzeitlupen, die zum | |
Beispiel die Verformungen des Gesichtsfleisches während Boxkämpfen | |
großartig einfangen können. | |
Gerne demonstriert Ritchie auch diese mit einem Ratschen unterlegten | |
Reißschwenks, mit denen man Zeitsprünge gut visualisieren kann. Aber das | |
hat alles in diesem Film keine nachvollziehbare innere Ökonomie. Mit einem | |
beim Zusehen ermüdenden Ergebnis: Es gibt viele beeindruckende Szenen, aber | |
die Geschichte hebt nicht ab. | |
Im Grunde genommen ist "Sherlock Holmes" (wie etwa schon "Terminator IV") | |
ein klares Indiz dafür, dass die Clipästhetik im Kinofilm an ein Ende | |
gekommen ist. Dass man mit schnellen Schnitten, Hochleistungskameras und | |
digitaler Pixelkunst Szenen bombastisch aufpusten kann, das weiß man als | |
Zuschauer inzwischen. Damit einen so etwas überzeugt, müssen die Regisseure | |
aber noch etwas ganz anderes herstellen: Glaubwürdigkeit. | |
"Avatar" etwa nimmt man als Zuschauer, so konstruiert die Handlung auch ist | |
und so abgedreht die Bildeinfälle auch erscheinen, beinahe jede einzelne | |
Szene ab. Bei "Sherlock Holmes" gelingt einem das, trotz Starbesetzung, | |
kaum einmal. | |
Stattdessen bekommt man schnell den Eindruck, dass der Film der Grundanlage | |
der Holmes-Figur gar nicht recht traut. Allzu deutlich muss die Kamera | |
immer darauf hinweisen, dass dieser Detektiv - auch wenn er sich sonst als | |
verrücktes Genie gibt - mit einem logischen, Indizien und Wissenschaft | |
verwendenden Verstand arbeitet. | |
Sein Gegenspieler bedient sich dagegen okkultistischer | |
Taschenspielertricks, um sogar aus dem Grab aufzusteigen und, so wird | |
jedenfalls behauptet, London in Angst und Schrecken zu versetzen. Nicht | |
dass sich diese Tricks zum Schluss enttäuschend leicht auflösen lassen, ist | |
das Problem, sondern dass es dem Film vorher nicht recht gelingt, dem | |
Zuschauer ein Interesse am Rätselknacken zu vermitteln. | |
Was bleibt, sind ein paar lustige Blicke von Robert Downey junior. Und ein | |
paar schöne Explosionen. So etwas kriegt Guy Ritchie immerhin ziemlich gut | |
hin. | |
28 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
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