# taz.de -- Buchtipp: Heiliger Berg im siebten Monat der Sintflut | |
> Der 5.165 Meter hohe biblische Berg Ararat ist heute eine kolossale | |
> Nato-Festung im Gebiet nahe der Grenze zu Armenien. Und immer noch ein | |
> unter Eis schlummernder Mythos | |
Bild: Ein Bauer bearbeitet mit einem Ochsenpflug seinen Acker am Fuße des Arar… | |
Was trieb Jim Irwin auf den Ararat? Irwin war Apollo-Astronaut, im Jahr | |
1971 fuhr er in einem Hightech-Wägelchen auf dem Mond spazieren. Wie kaum | |
ein anderer habe er die Abhängigkeit seiner menschlichen Existenz von der | |
Wissenschaft und dem Können und der Leistung anderer Menschen erlebt, so | |
wundert sich Frank Westerman in seinem Buch "Ararat". Und trotzdem: Nach | |
dem Ende seiner Raumfahrerkarriere bevorzugte Irwin als Geologiehandbuch | |
die Bibel und reihte sich ein in die Vorhut einer wieder hochdrängenden | |
religiös-konservativen Front. Bis zu seinem Tod im Alter von 61 Jahren | |
kletterte Irwin noch sechsmal auf den Ararat und suchte dort nach der | |
Arche. | |
Der 5.165 Meter hohe, biblische Berg Ararat ist heute eine kolossale | |
Nato-Festung. Er liegt in der Türkei im Grenzgebiet zu Armenien, außerdem | |
berührt er die Hoheitsgebiete von Aserbaidschan und dem Iran. Zuletzt | |
geriet er 2008 in die Schlagzeilen, als die kurdische PKK eine | |
Alpinistengruppe des Deutschen Alpenvereins entführte. Aber die Bedeutung | |
dieses Bergs ist überzeitlich, mythologisch. Am siebzehnten Tag des siebten | |
Monats der Sintflut (Bibel, 1. Mose 8,4) soll auf dem Gipfel die Arche Noah | |
aufgesetzt haben. Der Ararat steht für das Überleben der wenigen Menschen, | |
die Gottes einstige Generalabrechnung mit der bösen Spezies verschont | |
hatte. | |
Als sich der niederländische Journalist Frank Westerman in 2005 auf den Weg | |
macht, ist er gut vorbereitet. Den Mythos und die Geologie des Ararat hat | |
er sorgfältig erkundet. In seinem Buch breitet er wunderbar romanhaft die | |
Geschichte seiner Recherche aus. Westerman hat die vor Hindernissen | |
strotzende Erstbesteigung aufgerollt und zahllose Gespräche geführt. Auch | |
mit heutigen Archesuchern, die er am Berg trifft. Seit in Life 1960 eine | |
Luftaufnahme erschien, die - bei viel gutem Willen - ein großes | |
schiffsähnliches Objekt unter dem Eis des Gipfelplateaus erkennen lässt, | |
reißt die Hoffnung auf ein Stück alter Schiffsplanke nicht mehr ab. Der | |
rote Faden der Westerman’schen Geschichte ist jedoch die Glaubensfrage. Und | |
die Motivation, auf diesen Berg zu steigen, der es auch für "Ungläubige" | |
irgendwie in sich hat. | |
Sich selbst hält Westerman für abgeklärt und quasi naturgesetzlich seiner | |
einst kindlichen Frömmigkeit entwachsen. Oder doch nicht so ganz? Westerman | |
will unbedingt mit eigenen Augen sehen, dass oben auf dem Gipfel wirklich | |
"Nichts" ist, keine Arche und auch kein Engel. Die tschechische | |
Bergsteigergruppe, der er sich anschließt, erlebt einen abenteuerlichen, | |
schwierigen Aufstieg, bei dem das schlechte Wetter die Regie führt und zum | |
Abbruch nötigt. Bis zum Gipfel werden Westerman - leider oder Gott sei | |
Dank? - etliche Meter fehlen. Diesen vielsagend unerforschten Rest zu | |
deuten, überlässt der Autor allerdings seinen Lesern. | |
Frank Westerman: "Ararat - Pilgerreise eines Ungläubigen". Ch. Links | |
Verlag, 285 Seiten, 19,90 Euro, Berlin 2008. Im Frühjahr 2010 erscheint im | |
Piper Verlag die Taschenbuchausgabe | |
28 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Christel Burghoff | |
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Reiseland Türkei | |
Christentum | |
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