# taz.de -- Rauswurf vom Polizeikongress: "Zum Sicherheitsrisiko erklärt" | |
> Ein IT-Sicherheitsexperte wurde wegen seiner Mitgliedschaft im Chaos | |
> Computer Club (CCC) aus dem Polizeikongress herausgeworfen. Anlass für | |
> den Rauswurf war ein anonymes Posting auf Indymedia. | |
Bild: Das Berliner Kongresszentrum am Alexanderplatz, kurz bcc. | |
taz: Sie wurden gestern aus dem Polizeikongress geworfen. Warum? | |
CCCler: Ich bin beruflich als IT-Sicherheitsexperte tätig, und war auch in | |
dieser Eigenschaft auf dem Polizeikongress. Allerdings vertrete ich | |
gelegentlich auch öffentlich Interessen des Chaos Computer Clubs. Es hat | |
mich nun offenbar jemand auf der Veranstaltung als Mitglied des CCC | |
erkannt. Der - privatwirtschaftliche - Veranstalter fühlte sich durch | |
[1][eine Meldung auf indymedia] bedroht, die eine Verwanzung des Gebäudes | |
behauptete, und unterstellte dem CCC, daran beteiligt zu sein. Damit wurde | |
ich zum Sicherheitsrisiko erklärt und gemäß der AGB des Veranstalters | |
ausgeschlossen. | |
Auf Grund einer Indymedia-Meldung? | |
Die Entscheidung traf die Geschäftsführerin der ProPress | |
Verlagsgesellschaft, Herausgeberin des "Behörden Spiegel" und | |
Veranstalterin des Polizeikogresses. Offensichtlich war sie nicht in der | |
Lage, zwischen einem unmoderierten open posting und einer Presseerklärung | |
des CCC e.V. zu unterscheiden. Die Mitteilung auf indymedia behauptet ja | |
nicht einmal, vom CCC e.V. zu sein, sondern nimmt Bezug auf den "Chaos | |
Communication Congress", also eine unserer Veranstaltungen, die auch noch | |
fälschlicherweise mit "CCC" abgekürzt wurde. | |
Die haben also tatsächlich geglaubt, das bcc sei verwanzt. Was sagt uns | |
das? | |
Nicht nur das, sie haben sogar geglaubt, die Anwesenheit meines Laptops | |
hätte technisch damit irgendetwas zu tun! Mir hat auch niemand erklären | |
können, welchen Sinn es ergibt, einen Kongreß, der ja immerhin für | |
Fachbesucher und Journalisten zugänglich ist, zu verwanzen. Oder warum man | |
eine Verwanzung vor der Veranstaltung ankündigen sollte, statt einfach | |
hinterher die Mitschnitte auszuwerten. Oder warum angeblich geheime | |
Besprechungen nicht in dafür vorgesehenen abhörsicheren Räumen abgehalten | |
werden, die gibt es in Berlin ja in ausreichender Zahl. | |
Ich denke, wir sehen hier eine große Nervosität, gepaart mit Unvermögen, | |
mit solchen Bedrohungslagen adäquat umzugehen. Das ist natürlich für eine | |
Veranstaltung, deren Tenor ja gerade der Umgang mit Bedrohungen ist, | |
hochgradig peinlich. | |
Wie war das praktisch? Haben die Sie mit Namen angesprochen, oder gar nicht | |
reingelassen oder wie kann man sich so einen Rauswurf vom Polizeikongress | |
in der Praxis vorstellen? | |
Ich war ja im Vorfeld angemeldet und habe eine Teilnahmebestätigung | |
bekommen. Ich ging also davon aus, daß eine Überprüfung meiner Person | |
stattgefunden hat und zufriedenstellend verlaufen ist. Eingelassen wurde | |
ich auch ohne Probleme, und setzte mich in den Vortragssaal, in dem die | |
Eröffnungsveranstaltung mit Herrn Dr. Ole Schröder vom BMI gerade begann. | |
Nach kurzer Zeit hatte ich dann eine Hand auf der Schulter und wurde | |
gebeten, doch mit nach draußen zu kommen. In einem separaten Bereich wurde | |
ich dann mit dem absurden Vorwurf konfrontiert, ich könne etwas mit der | |
angekündigten Abhöraktion zu tun haben, und wurde gebeten, die | |
Veranstaltung doch zu verlassen. | |
Haben Sie eigentlich den Teilnehmer-Beitrag zurückbekommen? | |
Natürlich, und das unaufgefordert. So viel Professionalität war dann doch | |
vorhanden. | |
Wird das ganze ein Nachspiel haben oder nehmen Sie den Rauswurf sportlich? | |
Im Grunde genommen sehe ich das sportlich, ich sehe keine Veranlassung, da | |
irgendwelche rechtlichen Schritte einzuleiten. Das BMI hat übrigens sein | |
Bedauern zum Ausdruck gebracht und dementiert, irgendetwas damit zu tun zu | |
haben. | |
Allerdings, und das ist der Grund, warum ich diese Geschichte auch in die | |
Öffentlichkeit trage, kann ich es nicht akzeptieren, daß der CCC in eine | |
linksradikale Ecke gestellt wird, und eine Mitgliedschaft in unserem Verein | |
Grund für eine Behinderung der Berufsausübung ist. Satzungsziel des CCC | |
e.V. ist die Wahrung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit | |
im digitalen Zeitalter. Wir sind nicht "gegen das System", sondern wir sind | |
für das System im Sinne unserer verfassungsmäßigen Grundrechte. Und das muß | |
auch damit vereinbar sein, beruflich aktiv an der Gestaltung unseres | |
Staates mitzuwirken. | |
3 Feb 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://de.indymedia.org/2010/01/272145.shtml | |
## AUTOREN | |
Julia Seeliger | |
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