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# taz.de -- Bushido-Film "Zeiten ändern dich": Der Hass stand ihm besser
> Langweilig: Der Film erzählt Bushidos Leben als klassische
> Aufsteigerstory vom schicksalsgebeutelten Migrantenjungen zum Popstar mit
> Breitling-Uhr.
Bild: Die Bösen erkennt man immer an den Tätowierungen.
Deutschlands Chefkinoproduzent Bernd Eichinger und sein Lieblingsregisseur
Uli Edel kannten den erfolgreichsten Rapper Deutschlands bis letztes Jahr
nur vom Hörensagen. Jetzt sind sie Fans und haben auch gleich einen Film
über ihn gedreht. Der Einfachheit halber ließen sie Bushido sich selbst
spielen. Es sei ihnen darum gegangen, die Message Bushidos rüberzubringen,
sagen sie. Und man denkt sich erst einmal: Na ja, ein trashiges Roadmovie
mit bizarrer Lyrik und ein bisschen Volksschulpädagogik, warum auch nicht?
Ob aber Hitler, Baader oder Bushido - Eichinger kriegt sie alle weich. Und
so zeigt der Film "Zeiten ändern dich" einen nachdenklichen Popstar im
Tourbus, der sich an seine Kindheit mit dem saufenden und seine Mutter
schlagenden tunesischen Vater erinnert und im Folgenden von den erlittenen
Kränkungen in Pubertät (die Freundin verlässt ihn) und Jugend (seine
Autoreifen werden zerstochen) erzählt und wie er sich dagegen gewehrt hat
(aufs Maul) und wie aus ihm das wurde, was er heute ist (ersguterjunge) -
Bushido mit der Breitling-Uhr nämlich.
Das ist so langweilig! Nicht genug, dass Bushido das alles schon tausendmal
in Talkshows erzählt hat; erschwerend kommt hinzu, dass er in all diesen
Traumsequenzen nur äußerst selten jemanden als Opfer, Schwuchtel, Spast
oder Krüppel tituliert, nur ein paar Mal damit droht, die Mutter, sich
selbst, das Viertel oder die Musik zu ficken, dafür aber umso penetranter
andauernd den mangelnden Respekt von Vater, weißer Oberschicht und allen
anderen anklagt und den "Hass in seinem Herzen" problematisiert. Schlimm
dabei: Er ist harm- und witzlos! Während Bushido in seiner Biografie noch
seine erste große Liebe Selina dafür verantwortlich macht, dass aus ihm ein
"Sexmonster" geworden sei, ist in "Zeiten ändern dich" nur noch ein Nerd
übrig, der sich für Rap, Graffiti und Dope interessiert. Weil er deswegen
von seiner Freundin verlassen wird, endet er irgendwann vor dem
Brandenburger Tor im Duett mit Karel Gott und einem Massenpublikum. Er ist
erfolgreich, und keiner weiß warum, nicht mal er selbst.
Dabei gehört Bushido im echten Leben doch definitiv zu denen, die genau
wussten, wie sie aus dem Gerede über die Authentizität der Straße mit Hilfe
von Provokation und Inszenierung ein erfolgreiches Geschäftsmodell
entwickeln konnten.
Egal, ob man seine Texte für gefährlich, einfach nur schlecht oder aber für
hochkomplexe Proteststrategien hält, ein guter Regisseur hätte aus seinem
Zerfallsprozess vom Provo-Rapper zum pädagogisch wertvollen Künstler
mindestens ein "Deconstructing Bushido" gemacht, der alle Bestandteile der
Inszenierung des Künstlers zeigt.
Aus diesem Material ließe sich sicherlich ein interessanter Film drehen. So
aber verbietet sich jeder Vergleich mit "8 Mile", nicht nur weil Eminem
besser rappen kann. Überhaupt ist es schon ein Kunststück, in so einem Film
keinen einzigen guten Dialog, geschweige denn einen Diss oder Battle zu
inszenieren - sieht man mal vom Erlkönig ab, den der 12-jährige Bushido im
Schulunterricht niedlich rappt. Die einzige Zeile vom Film-Bushido, die
okay geht: "Aufstehen, arbeiten, arschkriechen, aufstehen, arbeiten,
arschkriechen, tot sein".
Neben ihm treten die Rapper Fler, Kay One und Nyze auf, eingerahmt werden
sie von den Volksschauspielern Hannelore Elsner, Moritz Bleibtreu, Uwe
Ochsenknecht und Martin Semmelrogge. So wird Bushido in den Kanon des
deutschen Mainstreams aufgenommen. Da gehört er auch hin, schließlich hat
er zehntausende Fans, die Bild und den Erziehungswissenschaftler Willi
Lemke hinter sich. Er wird unter die hundert wichtigsten Deutschen gewählt.
Fight or fuck the system ist nicht die Message Bushidos. Seine Message
lautet: Leistung lohnt sich.
6 Feb 2010
## AUTOREN
Doris Akrap
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