| # taz.de -- Angst vor Arbeitslosigkeit: Wirtschaftskrise raubt den Schlaf | |
| > Die Hälfte aller Erwerbstätigen leidet unter Schlafstörungen. Stress, | |
| > unregelmäßige Arbeitszeiten und Angst vor Jobverlust sind die Ursachen. | |
| Bild: Die Deutschen verlieren die Kontrolle über ihre Schlaf- und Ruhephasen. | |
| Jeder Zweite der Erwerbstätigen in Deutschland leidet unter | |
| Schlafproblemen. Dies ist das Ergebnis des Gesundheitsreports 2010 der DAK. | |
| "Wir können schon fast von einer Volkskrankheit sprechen", sagte | |
| DAK-Vorstand Herbert Rebscher am Dienstag in Berlin. Die Menschen verlören | |
| die Kontrolle über ihre Schlaf- und Ruhephasen, wechselnde Arbeitszeiten | |
| und Schichtarbeit seien verantwortlich für eine schlechte Planbarkeit von | |
| Arbeitszeiten. Insgesamt ist der Krankenstand 2009 leicht gestiegen, er sei | |
| aber noch auf einem sehr niedrigen Niveau - ein Zeichen für Angst vor | |
| Jobverlust. | |
| Die DAK ließ 3.000 Erwerbstätige zwischen 35 und 65 Jahren befragen. Davon | |
| sagten fast 50 Prozent, dass sie zumindest gelegentlich unter | |
| Schlafstörungen litten. 10 Prozent leiden unter gravierenden | |
| Schlafstörungen. Diese liegen laut DAK vor, wenn die Beschwerden seit | |
| mindestens einem Monat bestehen, mindestens dreimal in der Woche auftreten | |
| und die Befindlichkeit am Tage beeinträchtigen. | |
| "Angst vor Arbeitslosigkeit ist ein häufiger Auslöser für Schlafstörungen, | |
| da hat die Wirtschaftskrise sicherlich mit dazu beigetragen", sagte Ingo | |
| Fietze vom Schlafmedizinischen Zentrum der Charité Berlin. Insbesondere | |
| Menschen, die Schichtarbeit leisteten, seien von Schlafstörungen betroffen. | |
| "Hinzu kommen die, die hohen psychischen Belastungen ausgesetzt sind", | |
| erläuterte Fietze. | |
| Heinz Stapf-Finé, der gesundheitspolitische Sprecher des Deutschen | |
| Gewerkschaftsbund (DGB), überrascht das Ergebnis des Gesundheitsreports | |
| nicht: "Seit Jahren gibt es Alarmsignale, aber das Erschütternde ist, dass | |
| nichts passiert." Er forderte gegenüber der taz eine bessere Überprüfung | |
| der Arbeitsbedingungen in den Betrieben: "Die Betriebe müssten das, was vom | |
| Gesetz vorgeschrieben ist, auch umsetzen - nämlich Gefährdungsbeurteilungen | |
| von Fachleuten einholen." Dies finde in nur etwa der Hälfte aller Betriebe | |
| statt und dort häufig unzureichend. Auch Arbeitszeitregelungen müssten auf | |
| mögliche gesundheitliche Folgen für die Arbeitnehmer überprüft werden. | |
| Schlafstörungen als gesundheitliches Problem werden oft unterschätzt, es | |
| fehle an Aufklärung auch bei den Ärzten, die Schlafstörungen oft nicht | |
| abfragten, sagte Fietze. Schlafstörungen würden oft nicht diagnostiziert. | |
| Chronische Schlafstörungen könnten zu Bluthochdruck führen und die | |
| Lebenserwartung senken. | |
| Der Krankenstand insgesamt ist laut DAK-Gesundheitsreport 2009 leicht | |
| gestiegen, auf 3,4 Prozent oder 12,4 Tage Arbeitsunfähigkeit im Jahr pro | |
| Erwerbstätigen. Er liege damit immer noch sehr niedrig, meint DAK-Vorstand | |
| Rebscher. Er führt das auf die Angst vieler zurück, ihren Arbeitsplatz zu | |
| verlieren. "Wir bezeichnen dieses Phänomen als Präsentismus - die Leute | |
| gehen zur Arbeit, obwohl sie krank sind", sagte Rebscher. Dieses ist nicht | |
| neu, der tiefste Krankenstand lag 2006 bei 3 Prozent. "Trotz des leichten | |
| Anstiegs im vergangenen Jahr lässt sich aber noch nicht von einer | |
| Trendwende sprechen", sagte Rebscher. | |
| Fast die Hälfte der DAK-Versicherten war 2009 mindestens einmal | |
| krankgeschrieben. Die häufigsten Krankschreibungen hatten Probleme im | |
| Muskel- und Skelettsystem zur Ursache, wie schon die Jahre zuvor. Den | |
| größten Zuwachs hatten Erkrankungen der Atemwege, gefolgt von psychischen | |
| Erkrankungen mit 6 Prozent mehr als 2008. | |
| 9 Feb 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Frauke Böger | |
| ## TAGS | |
| Schlaf | |
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