# taz.de -- Erika Steinbach: Verhärtete Front, ferner Kompromiss | |
> BDV-Chefin Erika Steinbach gibt sich im Streit mit der Bundesregierung | |
> unnachgiebig. Die Fronten sind verhärtet, ein Kompromiss scheint kaum | |
> möglich. | |
Bild: Erika Steinbach Ende Januar. | |
BERLIN tazAm Mittwoch hat sich Erika Steinbach, Vorsitzende des Bundes der | |
Vertriebenen (BdV), im Streit um ihre Bestellung zum Stiftungsrat der | |
Stiftung "Flucht, Vertreibung, Integration" erneut unnachgiebig gezeigt. | |
Steinbach hatte als Bedingung für ihren Verzicht auf den Stiftungssitz | |
unter anderem gefordert, das Einspruchsrecht der Bundesregierung bei der | |
Bestellung der Stiftungsratsmitglieder abzuschaffen. Das Stiftungsgesetz | |
wäre entsprechend zu ändern. Steinbach sagt der Rheinischen Post: "Unsere | |
Forderung nach einem Verzicht [der Regierung, C.S.] auf das Vetorecht ist | |
nicht verhandelbar." Die BdV-Chefin lehnte in dem Interview auch einen | |
Kompromiss ab, nach dem die Bundesregierung die Bestellung nur verweigern | |
kann, wenn alle Mitglieder des Kabinetts gegen die Kandidatur sind. | |
Was "Bestellung" im Stiftungsgesetz eigentlich heißt, ist unter Juristen | |
umstritten. Das Gutachten der "Wissenschaftlichen Dienste" des Bundestages, | |
verfasst von dem Regierungsdirektor Harald Georgii, das von den | |
Bündnisgrünen in Auftrag gegeben wurde, gibt der Regierung das Recht, die | |
Bestellung zu verweigern, wenn wichtige außenpolitische Belange dadurch | |
beeinträchtigt würden. Gerade dies sei bei Steinbach der Fall, denn ihre | |
Bestellung würde die Beziehung zu Polen belasten. Meinungen mehrerer | |
Staatsrechtler in den Medien widersprechen dem Gutachten und begrenzen das | |
Ablehnungsrecht auf schwere Hinderungsgründe in der Person der Kandidatin, | |
die im Fall Steinbachs nicht gegeben wären. Eine Klage Steinbachs auf | |
Einräumung des Ratssitzes wäre also nicht aussichtslos. | |
Wenn Erika Steinbach bei den heutigen Verhandlungen zwischen ihr und den | |
Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien nicht von ihrer Position | |
abrückt, ist auch diese Runde zum Scheitern verurteilt. Denn die Koalition | |
wird auf ihr Bestellungsrecht nicht verzichten. Zu den Stimmen, die endlich | |
"die Kuh vom Eis haben wollen", gehört auch die Publizistin Helga Hirsch, | |
Unterstützerin des "Zentrums gegen Vertreibungen" und Mitglied des | |
wissenschaftlichen Beirats der Stiftung. Hirsch glaubt, dass alle | |
Beteiligten die Auseinandersetzung "satthaben". Sie sieht einen Kompromiss, | |
der dem BdV im Gegenzug zum Verzicht Steinbachs einen größeren | |
zahlenmäßigen Einfluss im Stiftungsrat und der künftigen ständigen | |
Ausstellung eine bessere Ausstattung verspricht. | |
10 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Semler | |
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