# taz.de -- Portrait Wouter Bos: Sprengmeister der Koalition | |
> Der Sozialdemokrat Wouter Bos hat wegen des Kriegs in Afghanistan die | |
> Koalition in den Niederlanden platzen lassen. Rückgrat zeigen um jeden | |
> Preis – das könnte ankommen. | |
Bild: Wouter Bos bei einer Pressekonferenz anlässlich des Scheiterns der Regie… | |
Nur Stunden nach dem Fall der niederländischen Regierung am Samstag sah man | |
Wouter Bos mit einem strahlenden Lachen in einer Einkaufsstraße in Utrecht. | |
Mit ausladenden Bewegungen überreichte der Chef der Partij van de Arbeid | |
rote Rosen an Parteigänger und Passanten. Vor allem Erstere bereiteten ihm | |
einen begeisterten Empfang, und Bos geriet ins Schwärmen: "Fantastisch" | |
Es scheint, als sei Bos angekommen an der sozialdemokratischen Basis. Für | |
deren Prinzipien ließ er die Haager Koalition platzen - so zumindest die | |
gängige Wahrnehmung in den Niederlanden. Rückgrat zeigen statt regieren um | |
jeden Preis - nach Umfragen vom Sonntag ziehen deutlich mehr Befragte Bos | |
seinem Kontrahenten Jan Peter Balkenende als Premier vor. | |
Ein ungetrübtes Verhältnis zur eigenen Wählerschaft hatte der 46-jährige | |
dreifache Familienvater bislang kaum. Nur 2002, als er als Hoffnungsträger | |
nach einem Wahldesaster die Parteileitung übernahm, lagen ihm die Menschen | |
zu Füßen. Danach brachte ihn sein Reformkurs um die Zuneigung des | |
Arbeitermilieus. Wouter Bos, das war ein Synonym für | |
Dritte-Weg-Sozialdemokratie und Realpolitik. Er brachte eine Vergangenheit | |
als Shell-Manager mit in die Politik - neben der Überzeugung, dass die | |
Wirtschaft zu wichtig sei, um sie den Rechten zu überlassen. | |
Auch in der gestürzten Koalition galt Vizepremier und Finanzminister Bos | |
als Wendehals. Regelmäßig musste er dem PvdA-Anhang Entscheidungen | |
verkaufen, die dessen Interessen diametral entgegenstanden: kein neues | |
Referendum zum EU-Vertrag, die Erhöhung des Rentenalters, auch der | |
Kündigungsschutz standen auf der Reformagenda. Dass er auf dem | |
fristgerechten Ende der niederländischen Afghanistan-Mission bestand, | |
werten daher viele Wähler als mutigen Schritt. | |
22 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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