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# taz.de -- Bankgeheimnis: Schweiz will Ruf retten
> Wie weit soll die Schweiz gehen bei der Lockerung des Bankgeheimnisses?
> Darüber streiten aktuell die Finanzhäuser und ihre wichtigste Lobby.
Bild: Kuh, aufgenommen in Schindellegi, Kanton Schwyz.
Immer neue CDs mit Namenslisten von Inhabern Schweizer Konten verunsichern
deutsche Steuerflüchtlinge - und bewegen sie zur Flucht nach vorn. Allein
in der letzten Februarwoche hat sich die Zahl der Selbstanzeigen auf fast
4.000 verdoppelt. Der Rückzug beunruhigt in der Schweiz sowohl die
Finanzszene als auch die Politik. Am 15. April wollen die Bankiers auf dem
ersten Schweizer Bankengipfel darüber diskutieren, wie sie sich der neuen
Normalität stellen wollen.
Aber schon längst läuft die Debatte: Wie weit soll die Schweiz gehen bei
der Lockerung ihres Bankgeheimnisses, das seit Jahrzehnten ausländische
Steuerbetrüger wie inländische Steuerhinterzieher schützt und den
Geldinstituten jährlich allein durch die Kontengebühren Milliardeneinnahmen
beschert?
Die Frage ist unter den eidgenössischen Banken und in der mit ihnen
traditionell besonders eng verflochtenen Freisinnigen Demokratischen Partei
(FDP) zunehmend umstritten. Die Schweizerische Bankiervereinigung hält es
weiterhin für ausreichend, dass die Schweiz in Doppelbesteuerungsabkommen
mit Deutschland und anderen Staaten die für die bisherige Praxis des
Bankgeheimnisses wesentliche Unterscheidung zwischen strafbarem
Steuerbetrug und strafloser Steuerhinterziehung aufhebt und ausländischen
Regierungen bei der Suche nach Steuersündern künftig Amtshilfe gewährt. Das
soll allerdings wie bisher nur bei "begründetem Verdacht" geschehen.
Einen "automatischen Informationsaustausch" aller Daten ausländischer
Kontenbesitzer, wie künftig innerhalb der EU vorgesehen, lehnt die
Bankiervereinigung strikt ab. Das erklärte ihr Präsident, der Genfer
Privatbankier Patrick Odier, in einem Interview. Als "gleichwertige
Alternative zum Informationsaustausch" biete die Bankiersvereinigung das
Modell der "Abgeltungsteuer" an. Diese Steuer in Höhe von etwa 25 Prozent
solle pauschal auf alle auf ein Schweizer Konto transferierten
ausländischen Gelder erhoben und an die Steuerbehörden der Herkunftsländer
überwiesen werden - unter Wahrung der Anonymität des Kontenbesitzers.
Doch dieses Modell scheint chancenlos. Der Schweizer Finanzminister
Hans-Rudolf Merz (FDP) jedenfalls stieß bei seinen Verhandlungen über
Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA, Deutschland, Frankreich, Italien
und neun weiteren Ländern mit dem Vorschlag einer Abgeltungsteuer auf
Ablehnung. Als Merz daraufhin den automatischen Informationsaustauch nicht
mehr ausschließen wollte, wurde er von der Bankiervereinigung sowie von
einigen seiner Parteifreunde ungewöhnlich deutlich öffentlich gerüffelt.
Seit Jahrzehnten ist die FDP im Berner Parlament die verlässlichste Lobby
der Banken - immerhin wird sie von ihnen auch ganz wesentlich finanziert.
Jetzt aber wird immer heftiger über die richtige Strategie im Umgang mit
dem ausländischen Druck auf das Bankgeheimnis gestritten. Einige
FDP-Politiker fordern, statt "aussichtsloser Abwehrkämpfe" die "Flucht nach
vorn" einzuschlagen, um "den Finanzplatz Schweiz zu retten", unter Verweis
auf die erfolgreiche "Weißgeldstrategie", mit der Liechtenstein seinen
schädlichen Ruf als Steuerfluchtoase in den letzten zwei Jahren zunehmend
vergessen machen konnte.
Selbst die bislang nur von Grünen und Sozialdemokraten erhobene Forderung,
die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuer auch für die Schweizer
BürgerInnen aufzuheben, findet bei einigen FDP-Politikern Unterstützung.
Die Flucht nach vorn wollen inzwischen auch einige Banken einschlagen. Die
Zürcher Kantonalbank kündigte an, von Ausländern künftig nur noch
nachweislich versteuertes Geld anzunehmen. Ohnehin seien von den
umgerechnet knapp 92 Milliarden Euro Kundenvermögen, die die Bank Ende 2009
verwaltete, weniger als 5 Prozent internationales Privatvermögen. Ähnlich
äußerte sich Credit Suisse.
3 Mar 2010
## AUTOREN
Andreas Zumach
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