Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kaum türkische Lehrer: Migranten lehren Migranten besser
> Menschen mit türkischen Wurzeln gibt es in Deutschland viele. Man findet
> sie als Schüler - oder als Reinigungskräfte. Als Lehrer jedoch selten.
> Nur 1 Prozent aller Pädagogen haben Migrationshintergrund.
Bild: Die Anzahl der Pädagogen mit Migrationshintergrund ist verschwindend ger…
KÖLN taz | Als Cahit Basar zum ersten Mal in das Lehrerzimmer des
Stadtgymnasiums im Kölner Stadtteil Porz kam, traf der Studienrat auf einen
neugierigen Kollegen. Einem Türken als Lehrer sei er noch nie begegnet,
eröffnete der ihm. Und dann stellte er Cahit eine Frage: Ob er die Putzfrau
der Schule kennen würde? Die sei auch Türkin. Basar lacht. Der Kollege
meinte es nicht böse, versichert der 44-jährige Kölner. Er wusste es nur
nicht besser.
Basar erwähnt die kleine Anekdote gerne. Denn sie veranschaulicht den
Exotenstatus, den einer wie er hat. Menschen mit türkischen Wurzeln gibt es
viele. Man findet sie als Reinigungskräfte. Als Lehrer jedoch selten. In
Nordrhein-Westfalen besitzt etwa jeder dritte Schüler eine
Zuwanderungsgeschichte. Die Anzahl der Pädagogen mit Migrationshintergrund
ist hingegen verschwindend gering: Sie liegt gerade mal bei rund 1 Prozent.
Basar möchte das ändern: "Wir arbeiten daran, dass es mehr werden." Er ist
Sprecher des Netzwerkes "Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte". In dem
2007 mit Hilfe des nordrhein-westfälischen Integrationsministeriums
gegründeten Projekt haben sich rund 360 Pädagogen zusammengeschlossen, um
bei Zugewanderten für den Lehrerberuf zu werben. Ihr Motto: "Ich habe es
geschafft. Das kannst du auch!" Von diesem Montag bis Dienstag richtet das
Netzwerk im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in
Paderborn den Kongress "Lehrkräfte mit Migrationshintergrund" aus. Es ist
der erste bundesweite Kongress zu diesem Bereich der Integrationspolitik.
Basar ist ein Kind türkischer "Gastarbeiter". Seine Eltern stammen aus der
Osttürkei. 1961 kam der Vater in die Bundesrepublik, um erst als
Bergarbeiter, später dann bei Thyssen zu arbeiten. Die Mutter folgte 1964
nach Duisburg-Marxloh nach. Zwei Jahre später kam Sohn Cahit zur Welt.
Seine schulische Karriere verlief zunächst typisch für viele seiner
Generation: In der Grundschule wurde er in eine "Türkenklasse" gesteckt.
Solche segregierenden "Nationalklassen" gab es auch an Rhein und Ruhr noch
bis tief in die Achtzigerjahre. Von der Grundschule ging es auf die
Hauptschule. Wohin auch sonst: Eine andere Schulform kam für seinesgleichen
nicht infrage. Erst hier schafften es seine Eltern, Cahit in einer
deutschen "Regelklasse" unterzubringen.
Er hat sich durchgebissen. Basar machte Abitur und studierte
Politikwissenschaft, Neuere Geschichte, Deutsche Philologie sowie
Rechtswissenschaften in Münster sowie im englischen Sheffield. Schließlich
wurde er Lehrer, so wie auch seine spanischstämmige Frau.
"Selbstverständlich waren auch meine Eltern bildungsfern", berichtet er.
"Aber trotzdem waren sie bildungsinteressiert." Das würde fast alle
Aktivisten im Netzwerk "Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte" verbinden.
Auch sie kämen bis auf ganz wenige Ausnahmen aus einer "klassischen"
Gastarbeiterfamilie. "Ihr seid nicht chancenlos. Hängt euch an Bildung, das
verschafft euch die Möglichkeit des Aufstiegs", so Cahit. Diese Botschaft
wollten er und seine Mitstreiter auch der heutigen Schülergeneration
vermitteln.
LehrerInnen mit einer Zuwanderungsbiografie würden genauer auf die
Potenziale von Schülern mit Migrationshintergrund achten, ist Basar
überzeugt. "Weil sie sich so häufig in den Kindern wiederentdecken." Aber
auch bei Problemen mit dem Elternhaus könnten sie vielfach besser helfen,
weil sie die Hintergründe besser verstehen würden. Vor allem jedoch sehen
sie sich als Vorbilder für gelungene Integration.
7 Mar 2010
## AUTOREN
Pascal Beucker
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.