# taz.de -- Neues Quartier für Frappant-Künstler: Das Haus der breiten Flure | |
> Die rund 130 Künstler des Frappant-Vereins haben die Viktoria-Kaserne | |
> bezogen. Dort arbeiten sie in beheizten Räumen - aber auch unter der | |
> Fuchtel der Stadt. | |
Bild: Noch sind die Frappant-Künstler dabei, sich in der Viktoria-Kaserne einz… | |
Von außen sieht das Gebäude aus wie eine Burg. Links und rechts zwei | |
rechteckige Türme, die die Flügelgebäude an der Frontseite verankern. Alles | |
roter Ziegelstein. Es gibt keine Verbindung nach außen, keine Balkone, | |
keine Türen und selbst die Fenster sind leicht nach innen versetzt. Das ist | |
die Viktoria-Kaserne in Altona, gelegen zwischen Haubach-Schule und | |
Max-Brauer-Allee. Gebaut um 1880. Laut Wikipedia eines der "letzten | |
Zeugnisse militärischer wilhelminischer Backsteinbauten in | |
Norddeutschland". | |
Aber die Viktoria-Kaserne hat nicht nur eine Frontseite, sondern auch einen | |
Hintereingang. Vor dem stehen Kisten mit Töpfen, Handwagen, Holzregale. Es | |
ist der Rest, der vom Umzug der Künstler übrig geblieben ist. Umgezogen | |
sind sie in der vergangenen Woche vom Frappant-Gebäude in der Großen | |
Bergstraße, das sie verlassen mussten, weil das Möbelhaus Ikea dort eine | |
City-Filiale errichten will. | |
Von den 130 Künstlern sind nicht alle mitgekommen, aber fast. Der | |
Mietvertrag für die Kaserne ist auf ein Jahr befristet, bis zum 31. März | |
2011. Die Miete beträgt vier Euro pro Quadratmeter. Das geht nur, weil | |
subventioniert wird: Von der Kulturbehörde, die zwei Euro pro Quadratmeter | |
zuschießt. Und vom Frappant-Verein, in dem die Künstler organisiert sind. | |
Das ist das Ergebnis der Verhandlungen mit der Eigentümerin der Kaserne, | |
der städtischen Sprinkenhof AG. | |
48.000 Euro pro Jahr muss der Verein erwirtschaften, um die Miete auf vier | |
Euro zu drücken. Der Verein will das Geld verdienen, indem er ein | |
Kulturprogramm auf die Beine stellt. | |
Auch nicht ganz einfach ist die Veränderung von einem quasi anarchischen | |
Freiraum wie dem Frappant hin zu einem Gebäude, das unter Denkmalschutz | |
steht und bei dem jede Kleinigkeit vertraglich geregelt ist. "Wir haben | |
einen 20-seitigen Vertrag unterschrieben", sagt Sprecherin Gianna Schade. | |
"Damals beim Frappant waren es vier Zettel." | |
Dafür gibt es auf einmal eine Heizung, und zwar eine, die durchgängig | |
bollert - Regler zum Runterdrehen müssen erst noch angebracht werden. | |
Außerdem gibt es zehn Räume mit beigefarbenen Kacheln an den Wänden, in | |
denen der Vormieter der Kaserne, die Universität, Labore hatte. Bevor die | |
Künstler dort arbeiten dürfen, müssen Experten die Räume auf | |
Schadstoff-Reste prüfen. So will es die Stadt. | |
Die Räume sind sehr unterschiedlich groß, und auffällig sind die breiten | |
Flure: 36 Prozent der 3.500 gemieteten Quadratmeter seien Flurfläche, sagt | |
Schade. Das treibt die Miete hoch. Noch sind die Künstler dabei, die Räume | |
einzurichten. Noch stehen die Flure leer. Aber das könnte sich ändern. | |
Was sich kaum ändern lässt, das ist die Grundstruktur der Kaserne. Die | |
Schulbehörde hat sich das Gebäude angeschaut unter dem Gesichtspunkt, ob | |
sich darin die geplante neue Stadtteilschule unterbringen ließe. Man habe | |
noch nicht entschieden, heißt es aus der Behörde. | |
Offen ist auch, wo die Künstler hinsollen, wenn ihr Vertrag ausgelaufen | |
ist. Der Altonaer CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny schlug vor, den ehemaligen | |
Güterbahnhof an der Harkortstraße zum Künstlerquartier zu entwickeln. Aus | |
der Behörde für Stadtentwicklung heißt es dazu: "Es laufen vorbereitende | |
Untersuchungen." Mehr nicht. | |
9 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |