# taz.de -- Schiedsrichter-Affäre: Da muss Zwanziger durch | |
> Präsident Theo Zwanziger stellt sich in der Präsidiumssitzung der Kritik | |
> an seinem Führungsstil – und kriegt das Vertrauen ausgesprochen. Das | |
> Schiedsrichterwesen wird neu geordnet. | |
Bild: Hat Zuspruch bitter nötig: Theo Zwanziger. | |
BERLIN taz/dpa | Es ging um den Chef, um Theo Zwanziger. Der Präsident des | |
Deutschen Fußballbundes hat am Freitag noch einmal seine Haut retten | |
können. Zwanziger war es, der den Fall von Manfred Amerell, der von einem | |
Bundesligaschiedsrichter der sexuellen Nötigung bezichtigt wurde, durch | |
sein vorschnelles Handeln zum Sexskandal des DFB gemacht hat. Zwanzigers | |
Demission war gefordert worden. | |
Am Freitag nun stellte Zwanziger im Verbandspräsidium die Vertrauensfrage. | |
Wie es heißt, sprachen sich alle 47 Vorstandsmitglieder des DFB für seinen | |
Verbleib aus. Diese Abstimmung im Rücken erklärte Zwanziger: "Ich klebe | |
nicht an meinem Amt. Mich wird man nicht auf einem Stuhl raustragen." Der | |
DFB-Chef war wegen seines Krisenmanagements heftig in die Kritik geraten. | |
Schon vor der Präsidiumssitzung hatten sich Zwanzigers Fürsprecher | |
formiert. Franz Beckenbauer, der als "Vertreter für internationale | |
Aufgaben" der Führungsriege angehört, hatte via Bild-Zeitung verkündet: | |
"Der deutsche Fußball braucht Theo Zwanziger." Dass der im Streit über die | |
Vorwürfe des jungen Schiedsrichters Michael Kempter gegen den | |
zurückgetretenen Schiedsrichtersprecher Amerell, nicht gerade mit | |
präsidialer Zurückhaltung agiert hat, weiß auch der Kaiser. Er sagte: "Da | |
muss er jetzt durch." | |
Nachdem Amerell erklärt hatte, er werde alle vier Schiedsrichter verklagen, | |
die in eidesstattlichen Erklärungen versichert hatten, von Amerell zu | |
sexuellen Handlungen genötigt worden zu sein, hat nun auch Zwanzigers DFB | |
Klage eingereicht. "Üble Nachrede und Verleumdung" wirft man Amerell vor. | |
Der hatte Zwanziger in einem Fernsehinterview vorgeworfen, Markus | |
Wingenbach, einem Schiedsrichter aus seiner Heimatstadt Altendiez, zum | |
Karrieresprung in die Bundesliga verholfen zu haben. | |
Zwei weitere Klagen sollen bereits vorbereitet sein. Zwei der | |
Schiedsrichter, die Amerell vor Gericht sehen will, sollen ihrerseits | |
Klagen gegen Amerell eingereicht haben. Dass der DFB-Präsident, der sich | |
schnell und früh auf die Seite Kempters geschlagen hatte, die Sache im | |
Griff hat, kann keiner behaupten. Ausgerechnet Gerhard Mayer-Vorfelder, den | |
Zwanziger einst als DFB-Chef entmachtet und dann beerbt hat, glaubt an die | |
Fähigkeiten seines Nachfolgers. Der Ehrenpräsident des Verbandes sagte vor | |
der Sitzung: "Ich habe vollstes Vertrauen, dass der Präsident die richtigen | |
Entscheidungen treffen wird." | |
Die Pläne des ehemaligen Bundesligaschiedsrichters Herbert Fandel, die | |
dieser in Frankfurt vorgestellt hat, gerieten über die Diskussion in Sachen | |
Führungsstärke in den Hintergrund. Fandel soll bald schon Chef des | |
Schiedsrichterausschusses im DFB werden. Volker Roth, der das Amt derzeit | |
noch innehat, genießt kein Vertrauen mehr. Er war es, der Kempters | |
Anschuldigungen gegen Amerell auf den Schreibtisch bekam und dort erst | |
einmal einen Monat lang liegen ließ. | |
Bereits am 9. April bei einem außerordentlichen Verbandstag in Frankfurt | |
soll die Reform des Schiedsrichterwesens beschlossen werden. Der angehende | |
Schiedsrichter-Chef Fandel gab sich am Freitagnachmittag zufrieden mit der | |
Aufnahme der Präsentation seines Reformpapiers vor dem DFB-Präsidium. "Ich | |
hatte das Gefühl, dass unser Konzept sehr positiv aufgenommen wurde. Jetzt | |
müssen wir sehen, was entschieden wird", sagte Fandel. | |
Der frühere Weltklasse-Schiedsrichter hatte gemeinsam mit | |
DFB-Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug von der | |
Deutschen Fußball Liga (DFL) ein Konzept erarbeitet. Bei den | |
Schiedsrichter-Ansetzungen soll künftig jegliche Art der | |
Multifunktionalität vermieden werden, die Benotung durch die | |
Schiedsrichterbeobachter an Bedeutung verlieren. | |
Fandel ist für differenziertere Bewertungskriterien und denkt an | |
Stärke-Schwäche-Profile. Zudem ist offenbar eine Reduzierung der | |
Einsatzprämien bei gleichzeitiger Einführung eines festen Grundgehalts im | |
Gespräch. Derzeit kassiert ein Unparteiischer pro Bundesligaeinsatz 3.800 | |
Euro. Damit wäre das Profischiedsrichtertum in Deutschland de facto | |
eingeführt. | |
13 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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