# taz.de -- Bildungspolitik: Grün-gelb-schwarze Mehrheit für Schulvielfalt | |
> Ungewohnte Koalitionen im Bremer Parlament im Streit um freie | |
> Grundschulen: Rot-Rot ist dagegen, Schwarz-Grün-Gelb dafür mit der | |
> Begründung: Selektierend ist nur der Schuldgeld-Zwang | |
Bild: Glückliche SchülerInnen wollen alle - aber wie viel Systemvielfalt darf… | |
Schützenhilfe bekam die Bildungssenatorin nur von der Linkspartei: Deren | |
bildungspolitischer Sprecher, Jost Beilken, sprach sich gestern ebenso wie | |
Renate Jürgens-Pieper von der SPD gegen die Gründung nicht-staatlicher | |
Grundschulen in Bremen aus. Anlass war eine Aktuelle Stunde, bei der neben | |
den Liberalen auch CDU und Grüne die Unterstützung solcher Initiativen | |
forderten. Konkret geht es um die Schule der "Humanistischen Union" und die | |
"Freien Schule Bremen". | |
Vor drei Wochen hat das Verwaltungsgericht die Begründung, mit der die | |
Schulbehörde deren Genehmigung bislang verweigert, als unzureichend | |
abgelehnt. Die Senatorin legte daraufhin "politisch" nach, in dem sie | |
Privatschulen die "soziale und bildungspolitische Spaltung der | |
Gesellschaft" vorwarf. | |
Statt von "Privat-" reden die Initiativen lieber von "Freier | |
Alternativschule" - und verweisen darauf, dass das von der Senatorin als | |
selektierend ins Feld geführte Schulgeld nur aufgrund der staatlich | |
festgelegten Finanzierungsunterschiede notwendig sei. Freie Schulen im | |
Primarbereich können erst drei Jahre nach Gründung Zuschüsse beantragen. | |
Deren maximale Höhe beträgt 48 Prozent dessen, was eine staatliche | |
Grundschule bekommt. Eine aktuelle Studie über "Ausgaben für Nachhilfe" | |
rechnet sogar vor, dass der Besuch einer "normalen" Schule größere | |
finanzielle Lasten mit sich bringen kann als eine Privatschulgebühr: | |
Deutschlandweit investieren Eltern von "Staatsschulkindern" etwa eine | |
Milliarde Euro pro Jahr für Nachhilfe. | |
Die Defizite des öffentlichen Schulwesens sind auch der Linkspartei | |
bewusst. Entsprechend versteht Beilken das Engagement der gründungswilligen | |
Eltern als "Alarmzeichen". Es sei dringend erforderlich, eine Clearing- | |
oder Ombudsstelle einzurichten, damit sich Eltern nicht dem "autoritären | |
Verhalten" der Bildungsbehörde "ausgeliefert" fühlten - und in | |
Privatschulen "flüchten". Deren Anteil sei in Bremen mit 8,6 Prozent | |
bereits jetzt deutlich höher als im Bundesschnitt, warnte Mustafa Güngör | |
von der SPD. | |
Diese Zahl bezieht sich allerdings auf alle Schulen, nicht nur den | |
Primarbereich. Nichtsdestoweniger wies Güngör darauf hin, dass eine | |
eventuelle Genehmigung von "Freier" und "Humanistischer Schule" keine | |
Einzelfallentscheidung sei. Insofern müsse das Bildungsressort durchaus | |
erwägen, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung einzulegen. "Wir | |
haben das große Ganze im Blick", betonte Güngör in Richtung FDP, "Sie | |
hingegen machen Klientelpolitik". Eine politische Zuschreibung, die bei den | |
Initiativ-Vertretern auf den Zuschauertribünen des Parlaments für sichtbare | |
Erheiterung sorgte. | |
Während die "Humanistische Schule" bereits ein Quartier am Neustädter | |
Kirchweg im Blick hat, wo der Unterricht möglichst noch dieses Jahr mit | |
zehn bis 12 Kindern beginnen soll, ist die "Freie Schule" nach wie vor auf | |
der Suche nach einem Domizil für die drei geplanten altersübergreifenden | |
Gruppen. Klar ist, dass der bisherige Standort am Körnerwall, wo bis 2007 | |
die nicht-genehmigte Grundschule ihren Sitz hatte, aus verschiedenen | |
Gründen nicht in Frage kommt - auch aus diplomatischen. Sven Golchert von | |
der "Freien Schule" sagt es so: "Für die Behörde wäre das eine zu hohe | |
Hürde." | |
17 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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