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# taz.de -- Schöneberger Gasometer: Investor kratzt am Denkmal
> Im Bezirk Schöneberg wächst der Ärger über Investor Reinhard Müller,
> dessen Versprechungen, das Gasometer-Areal zu sanieren, sich nicht
> erfüllt haben. Zudem soll er gegen Denkmalschutzauflagen verstoßen haben.
Bild: Filigran und durchsichtig – aber wie lange noch?
Lange hat Gasometer-Investor Reinhard Müller in Schöneberg nach Belieben
gewaltet. Doch mit dem jüngsten Verstoß gegen Denkmalschutzvorschriften hat
er nun womöglich den Bogen überspannt. Ohne Genehmigung und ohne Wissen der
Behörden wurden an dem denkmalgeschützten Turm bauliche Veränderungen
vorgenommen. Dies gab das Bezirksamt in der Antwort auf eine kleine Anfrage
der Grünen-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu. Klar
wird darin auch, dass die Maßnahmen genehmigungspflichtig waren. Der Bezirk
ermittelt. Angesichts der Tatsache, dass sich die Lokalpolitiker beim Thema
Müller sonst gern wie die drei Affen verhalten, ein durchaus
bemerkenswerter Vorfall.
In den 78 Meter hohen Turm hat das Europäische Energie-Forum (Euref) als
Eigentümer eine Zeltkuppel für Veranstaltungen bauen lassen. Hinter dem
Euref steht Müller. Um Toiletten anzudocken, wurden Öffnungen in den
Stahlbau geschnitten. Auch Löcher für die Heizung mit einem Durchmesser von
etwa 40 Zentimetern wurden ausgeschnitten; sie sollen allerdings infolge
des öffentlichen Protests schon wieder verschlossen worden sein.
Pikant dabei: Müller kommt vom Fach. Er hat die "Stiftung Denkmalschutz"
mitbegründet. Euref indes weist die Verantwortung von sich. Verantwortlich
sei der Veranstalter, erklärte der Gasometer-Eigentümer dem Bezirk.
Gegenüber der Presse äußert sich Euref nicht, der Veranstalter war nicht zu
erreichen.
Doch so leicht dürfte sich der umtriebige Investor Müller diesmal nicht
davonstehlen können. Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) stellte schriftlich
klar, dass der Eigentümer haftet. Euref droht ein Bußgeld im drei- bis
vierstelligen Bereich. Wann die Ermittlungen abgeschlossen sind, ist nicht
abzusehen. Der zuständige Baustadtrat, der mit Müller befreundet sein soll,
weilt im Urlaub.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Bezirk an der Nase herumgeführt wird.
Seit die Gasag das Gasometer-Grundstück samt denkmalgeschützten Bauwerk vor
drei Jahren verkaufte, reiht sich ein Vorfall an den nächsten: Müller
kündigte an, eine Energie-Universität zu gründen. 5.000 Arbeitsplätze
sollten entstehen. Nur: Es passierte nichts. Erst nachdem das
Bezirksparlament den von Müller gewünschten Bebauungsplan abgesegnet hatte,
wurde bekannt, dass sich die Pläne nicht verwirklichen lassen. Die
entsprechende Studie soll schon Monate vorher vorgelegen haben - eine
Täuschung aber ist nicht nachzuweisen.
Müller hatte nun die Erlaubnis, Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von
160.000 Quadratmetern zu bauen - das ist größer als das Sony-Center. Der
Wert des Grundstücks ist ungeachtet der Finanzkrise um ein Vielfaches
gestiegen. Zwar schickte der Senat den Bebauungsplan wegen mehrerer Fehler
Anfang dieses Jahres an den Bezirk zurück, die Grundpfeiler dürften aber
nach der Überarbeitung erhalten bleiben. Die Euref kündigte in der
Zwischenzeit Einzelveranstaltungen an, um den Gasometer zu bespielen. Im
Sommer etwa sollen sich Studierende bei einer "Gasag Summer School"
treffen, Kongresse sind geplant.
Müller verpflichtete sich, im Herbst 2009 mit der Sanierung von Gebäude und
Gelände zu beginnen. Im Gegenzug durfte er eine aus LED-Leuchten
zusammengesetzte Werbetafel am Turm anbringen, zum Ärgernis der Anwohner.
Von der Sanierung ist bisher nichts zu sehen. "Da wurde marginal etwas
gemacht, aber wir hatten mehr erwartet", gibt der Leiter des Amtes für
Denkmalschutz, Sigmund Kroll, unumwunden zu.
Womöglich ein Anzeichen dafür, dass im Bezirk der Ärger wächst. Nach
personellen Wechseln im Stadtplanungsausschuss soll Müller wichtige
Verbündete verloren haben; außerdem läuft Ende März ein Mäzenatenvertrag
zwischen Investor und Bezirk aus. In diesem Vertrag verpflichteten sich
beide Seiten, nicht negativ über den Partner zu sprechen. Herr Müller habe
angeboten, den Vertrag zu verlängern, sagte Bezirksbürgermeister Ekkehard
Band (SPD). Nach mehreren Gesprächen habe man jedoch übereinstimmend
entschieden, dies nicht zu tun. Ein bislang gefördertes Jugendprojekt werde
der Bezirk künftig aus Haushaltsmitteln bestreiten.
24 Mar 2010
## AUTOREN
Kristina Pezzei
## TAGS
Denkmalschutz
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