# taz.de -- Mineralienhandel im Ostkongo: Lichtblicke unter Tage | |
> Zertifizierung, Handelszentren, runde Tische: Wie der Ostkongo den | |
> Mineralienhandel reformiert. | |
Bild: Während sich die Warlords bereichern, bleibt für die Bevölkerung nicht… | |
GOMA/BUKAVU taz | Kongos Regierung macht Ernst mit der Reform des | |
Mineralienhandels. Seit Jahren kritisiert die Weltgemeinschaft, dass sich | |
Warlords im Ostkongo aus den Erlösen des undeklarierten Mineralienexports | |
finanzieren - vor allem geht es um das in der Mobilfunkindustrie benötigte | |
Tantalerz Coltan sowie das Zinnerz Kassiterit. Jetzt wird mit | |
internationaler Hilfe ein transparenteres Handelssystem aufgebaut. | |
Kern der Reformen ist der Aufbau sogenannter centres de négoce, | |
Handelszentren, an acht Orten in den Bergbauzonen der Provinzen Nord- und | |
Südkivu. Hier sollen Förderprodukte registriert werden, bevor sie in den | |
Export gehen. Die ersten Handelszentren entstehen in den Distrikten Mwenga | |
und Walikale. Die in Ostkongos Grenzorten Goma und Bukavu ansässigen | |
Exporteure sollen dann nur noch Produkte ausführen, die zuvor über diese | |
centres de négoce gegangen sind, und internationale Ankäufer sollen nur von | |
solchen Händlern kaufen, die innerhalb dieses Systems arbeiten. | |
Der internationale Zinnindustrieverband ITRI hat dafür ein freiwilliges | |
Regelwerk entwickelt, mit dem Verband der Mineralienhändler Nordkivus als | |
Partner. "Die Handelskette heute ist transparent", lobt Verbandschef John | |
Kanyoni in Goma. Zumindest für Kassiterit und Coltan, das in Lastwagen | |
transportiert wird. Gold, das man in der Hosentasche tragen kann, ist nicht | |
betroffen. Das mindert die Tragweite der Reformen. | |
Die Kontrolle der neuen Regeln soll über ein Zertifizierungssystem | |
erfolgen, das die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und | |
Rohstoffe (BGR) entwickelt hat und im März in Bukavu präsentierte. Demnach | |
wird Kongos Rohstoffbehörde CEEC Exportzertifikate für Mineralien nur dann | |
ausstellen, wenn deren Förderung entwicklungspolitischen Mindeststandards | |
genügt und keinen bewaffneten Gruppen nützt. "Zertifizierte Handelskette" | |
heißt das Konzept. Erste Modellprojekte dafür sollen noch dieses Jahr in | |
ausgewählten Minen der Provinz Südkivu starten. | |
Doch bisher sind noch alle Reformprojekte in Kongos Bergbau an der Realität | |
gescheitert: Korruption, Nichtbezahlung von Staatsdienern, konkurrierende | |
Kompetenzen verschiedener Behörden. Der BGR-Plan sieht vor, dass die | |
Regierung 3.500 Stellen in Kongos Kleinbergbaubehörde schafft. Aber die | |
Finanzierung obliegt dem Staat, und der hat dafür kein Geld. | |
Problematisch ist auch, dass die Eigentumsverhältnisse bei Ostkongos Minen | |
meist umstritten sind. Es ist leicht, sich in der fernen Hauptstadt | |
Kinshasa einen Katastereintrag oder eine Schürfgenehmigung zu kaufen, auch | |
wenn vor Ort jemand anders gräbt. Dies betrifft unter anderem die Minen von | |
Nyabibwe in Südkivu, die von den Deutschen als Pilotmine auserkoren worden | |
sind. Kongos Regierung will auch das größte Zinnabbaugebiet des Landes | |
einbeziehen, Bisie in Nordkivu, dessen Minen zum großen Teil unter | |
Kontrolle des Militärs stehen. | |
Die Zeit drängt. Bisherige Großabnehmer von Kivus Zinnerzen in Thailand und | |
Belgien haben sich zurückgezogen. Heute landen 90 Prozent der | |
ostkongolesischen Produktion in Malaysia. Die Fördermenge sinkt: Im Januar | |
2010 förderte Nordkivu 395,5 Tonnen Kassiterit, ein Jahr zuvor waren es | |
noch 732,4. Emmanuel Ndimubanzi, Leiter der Bergbauabteilung der | |
Provinzregierung, sieht dafür technische Gründe: Die Schürfer in den Minen | |
von Bisie graben immer tiefer, ihre Stollen laufen immer öfter mit Wasser | |
voll. Um sie leer zu pumpen, nehmen die Bergleute Dieselgeneratoren mit | |
unter Tage. Lüftung gibt es nicht. Manche Schürfer ersticken. | |
Solche Probleme können nur lokal behandelt werden. In Südkivu, Nordkivu | |
sowie Ituri haben sich "runde Tische" des Bergbausektors gebildet, an denen | |
Behörden, Händler, Schürfer, Konzessionseigner und zivilgesellschaftliche | |
Gruppen gemeinsam Lösungen erarbeiten. Am Rande des Gründungstreffens in | |
Goma im März berichtete ein Mineralienhändler, eine Firma aus Malaysia habe | |
ihn um Kassiteritlieferungen gebeten und zugleich genaue Auskunft über die | |
Herkunft seiner Erze verlangt. "Er will alles über mich wissen, aber ich | |
kenne ihn doch gar nicht!", amüsierte sich der Kongolese. "Was weiß ich | |
denn, was der für Geschäfte macht?" | |
1 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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