# taz.de -- Obamas Atomstrategie: "Ein Dokument des Status Quo" | |
> In den USA gibt es große Kritik an Obamas Abrüstungspolitik - bei den | |
> Republikanern, aber auch in der eigenen Partei. | |
Bild: Mit der neuen Atomstrategie hat Obama nach Meinung vieler Kommentatoren n… | |
WASHINGTON taz | Sie haben auch dafür gesorgt, dass die Veröffentlichung | |
von Obamas neuer Nuklearstrategie seit vergangenem Herbst immer wieder | |
verschoben werden musste. Immer neuer Entwürfe gingen zwischen Weißem Haus | |
und Pentagon hin und her. Insgesamt 150 Sitzungen zu dem Thema fanden | |
statt. Am Ende legte die Administration eine Strategie vor, die nur noch | |
entfernt an Prag erinnert. Sie sieht vor, dass die potenziellen | |
Einsatzmöglichkeiten von Atombomben stärker kontrolliert und reduziert | |
werden. Und dass die USA keine neuen Atomwaffen entwickeln werden. Doch | |
zugleich behalten die USA das Recht auf den atomaren Erstschlag. | |
Ganz nebenbei haben die USA auch den Haushalt für die nukleare Sicherheit | |
für das kommende Jahr erhöht. Das erhöht wiederum den stattlichen | |
Militärhaushalt. Die USA geben 4,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für | |
Militärausgaben aus - über 3 Prozent mehr als ihre sämtlichen PartnerInnen. | |
Ein Ausstieg aus der Ära der Atomwaffen sieht anders aus. Dennoch ist die | |
neue Nuklearstrategie von Obama ein großer Schritt. Es ist die dritte | |
Revision der US-Nuklearstrategie seit dem Ende des Kalten Krieges. Und die | |
erste seit Anfang 2002. Unter dem Eindruck der Attentate vom 11. September | |
formulierte die Bush-Administration damals eine Ausweitung ihrer | |
Atombombenpolitik. | |
Die USA sind das einzige Land, das je Atombomben eingesetzt hat. Doch | |
künftig wären Schläge wie 1945 gegen Japan nicht mehr möglich. Denn die | |
neue Strategie erlaubt nur Atomschläge gegen Länder, die ihrerseits atomar | |
bewaffnet sind. Oder die USA massiv bedrohen. | |
Zwar sieht die Nuklearstrategie weiterhin Begriffe und Instrumente aus dem | |
Kalten Krieg vor. Doch zugleich begleitet sie den neuen Abrüstungsprozess. | |
Sie erscheint kurz vor der Unterzeichnung des neuen Start-Vertrags mit | |
Moskau. Und sie bereitet psychologisch das Terrain für das Nuklear-Treffen | |
in der kommenden Woche in Washington, bei dem mehr als 40 Staats- und | |
RegierungschefInnen auf Einladung von Obama über die nukleare Sicherheit | |
und Proliferation beraten werden. Aus der EU werden unter anderem Nicolas | |
Sarkozy, Präsident des atomar bewaffneten Frankreich, und Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel teilnehmen. Mit der Abwandlung seiner eigenen Strategie geht | |
Obama den anderen TeilnehmerInnen des Treffens einen Schritt voraus. An die | |
Adresse der Falken im eigenen Lager und innerhalb der Opposition sowieso | |
sagte der US-Präsident zugleich: "Ich behalte alle Werkzeuge, die die | |
Sicherheit des amerikanischen Volkes garantieren." | |
Jene in Obamas eigenem Lager, die weitgehende unilaterale | |
Abrüstungsschritte von ihrem Präsidenten erwartet haben, sind enttäuscht. | |
"Es ist ein Dokument des Status quo", sagt Bruce Blair, Präsident des World | |
Security Institute und Mitarbeiter von Global Zero. Der US-Rüstungsexperte | |
George Perkovich spricht von "Kontinuität". Und davon, dass hinter dieser | |
Strategie "kein Robespierre" steckt. Der US-amerikanischen Linken geht der | |
Prozess der Abrüstung nicht weit genug. Doch in Washington erklärt | |
Sebastian Gräfe, Sicherheitsexperte bei der deutschen | |
Heinrich-Böll-Stiftung, dass Obamas nukleare Stragegie auch "ein | |
Mosaikstein in einer größere Debatte" sei. | |
Die neue Nuklearstrategie ist zugleich ein Angebot an die RepublikanerInnen | |
im Senat. Denn der hat dem Start-Vertrag mit Russland noch nicht | |
zugestimmt. Dieses bevorstehende Votum muss Obama berücksichtigen. Auch | |
wegen des Senats verzichtet er nicht auf die Erstschlagsbereitschaft. | |
Ähnlich wie schon die vorausgegangene Auseinandersetzung über die | |
Gesundheitsreform zeigt jetzt auch die Neuauflage der Nuklearstrategie die | |
Grenzen der Macht eines US-Präsidenten. | |
7 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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